In den 60er-Jahren wurde in Schaffhausen zum letzten Mal ein Schwuler kastriert. In den 70er-Jahren begann eine liberalere Ära. Zwei, die dabei waren, erzählen.
«Schwul in Schaffhausen» hiess 1976 eine Titelgeschichte des kleinen, linken Politikmagazins «Info», das gewissermassen der «Lappi» der 70er-Jahre war. Der Text zeigt auf, wie und wo sich Schwule in Schaffhausen trafen und welche Schwierigkeiten sie dabei hatten. Die Gesprächspartner traten im Text mit verfälschtem Namen auf und auch der Autor blieb «aus begreiflichen Gründen» anonym.
Der Autor war Hanns Aebli, verantwortlich für die «Info»-Ausgabe war Bernhard Ott. 35 Jahre später sind die beiden Anfangs sechzig und sitzen in Aeblis farbenfroher Wohnung in der Altstadt an einem Tisch, den das Nippesfigürchen eines knackigen Matrosen ziert. «Heute ist vieles anders», sind sie sich einig. Mit «anders» meinen sie: besser.
Heute sind der Bürgermeister von Berlin und der Schweizer Bundesanwalt schwul, und auf RTL gibt es bei «Bauer sucht Frau» auch einen Bauern, der einen Mann sucht. «Das wäre früher undenkbar gewesen», bemerkt Aebli. Während Queerdom Schaffhausen auf immer noch bestehende Missstände wie das Adoptionsverbot für gleichgeschlechtliche Paare hinweist, blickt die ältere Generation zurück auf das, was schon erreicht wurde.
In den 60er-Jahren gab es in Schaffhausen nur einige wenige Exzentriker, zumeist Künstler, die eine gewisse Narrenfreiheit besassen und offen schwul waren. Hanns Aebli lebte seine Neigung zunächst heimlich aus: Wenn er etwa Besuch von einem Mann erwartete, schickte er seinen WG-Mitbewohner mit einem Vorwand ins Kino. «Irgendwann hatte ich die Schnauze voll von der Heimlichtuerei», erinnert er sich. Er lud seine näheren Bekannten, einen nach dem anderen, auf ein Bier ein und sagte ihnen, er sei schwul. «Bis auf einen einzigen haben alle sehr gut reagiert, die meisten ahnten es vielleicht bereits.»