Sportfans spüren den langen Arm des Gesetzes schon, bevor sie sich strafbar gemacht haben. Grund dafür sind neue «Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen». Diese Massnahmen tangieren auch den Datenschutz.
Seit dem 1. Januar 2007 können Polizei und Stadionbetreiber auf eine Hooligan-Datenbank (Hoogan) zugreifen. Die Datenbank ermöglicht die nationale Erfassung gewaltbereiter Fans – aber nicht nur dieser. Eine Verurteilung braucht es für einen Eintrag in der Hooligan-Datenbank keine, eine Anzeige genügt. Als Grund reicht ein Stadionverbot, das von privaten Stadionbetreibern ausgesprochen wird. Dass die Verbote nicht immer begründet sind, belegen zahlreiche Beispiele, die die Vereine Referendum-BWIS und fansicht.ch ins Netz gestellt haben. Ein Bericht der Wochenzeitung (WoZ) aus dem Jahr 2007 stützt die Einschätzung der beiden Vereine: Damals gingen die Ermittler davon aus, dass nur bei ungefähr dreissig Prozent der rund 450 Stadionverbote eine strafbare Handlung zugrunde liegt.
Was das für Konsequenzen mit sich ziehen kann, belegt ein Fall, den der Verein Referendum-BWIS auf seiner Homepage schildert. Das Stadionpersonal verdächtigte einen Fan zu Unrecht, im Stadion eine Fackel gezündet zu haben, und erteilten ihm Stadionverbot. Da der Fan seine Unschuld mit Bildern belegen konnte, wurde das Stadionverbot aufgehoben. Dennoch wurde er nachträglich noch in die Hooligan-Datenbank aufgenommen. Das Bundesamt für Polizei (fedpol) stellte in einer Stellungnahme klar, dass «strafrechtliche Schuld und Schuldfähigkeit keine konstitutive Voraussetzung für einen Eintrag in die Hooligan-Datenbank darstellen».
Fünf Monate dauerte der Rechtsstreit, der schliesslich zugunsten des Fans ausging. Der Prozess kostete den Staat 11’000 Franken. In der Verordnung zur Wahrung der Inneren Sicherheit (VWIS) hingegen wird eine ganz andere Tonart angeschlagen. Dort heisst es, es würden nur Personen in Hoogan aufgenommen, «die sich anlässlich von Sportveranstaltungen gewalttätig verhalten haben».
Noch steht das Bundesgesetz auf tönernen Füssen. Das nationale Gesetz BWIS verstösst gegen die Verfassung, da die Wahrung der Inneren Sicherheit Sache der Kantone ist. Deshalb wird am 1. Januar des nächsten Jahres das Hooligan-Konkordat eingeführt. Damit übernehmen voraussichtlich 14 Kantone (darunter auch Schaffhausen) die nationale Gesetzgebung.
Die Situation könnte sich für die Fans dann weiter verschlechtern, befürchten die Gegner des Hooligan-Konkordates, die in drei Kantonen Beschwerde dagegen eingelegt haben. Rayonverbote könnten aber bald durch Stadionverbote ersetzt werden, befürchten sie. Durch das Konkordat erhält die Polizei die Kompetenzen, Stadionverbote zu empfehlen. Als Massnahme ist ein Stadionverbot wirksamer als ein Rayonverbot, denn ein Rayonverbot, das von den Behörden ausgesprochen wird, ist auf ein Jahr beschränkt und es kann Rekurs eingelegt werden. Das Stadionverbot hingegen spricht der Stadionbetreiber aus. Es ist mit einem Beizenverbot vergleichbar und kann ganze zwei Jahre dauern. Rekurs einzulegen, ist nicht möglich, da es eine privatrechtliche Massnahme ist. Das Stadionverbot wird in den meisten Fällen auf sämtliche Stadien der Challenge und Super League in der Schweiz ausgedehnt.
«Indem die Polizei die Befugnis erhält, Stadionverbote zu empfehlen, wird quasi der Rechtsweg für Fans verschlossen», meint Rechtsanwältin Manuela Schiller, die schon mehrere Sportfans rechtlich betreute und beim Verein Referendum-BWIS mitwirkt. Zudem kritisiert der Verein, dass private Stadionbetreiber so einen Eintrag in der Hooligan-Datenbank bewirken können.
Dass die Fanclubs mit Namen wie «Whiskykurve», «Bierkurve» oder «Ultras» nur bedingt die Sympathien der Familienpolitiker haben, ist offensichtlich. Der Nutzen der härteren Gesetze scheint aber bis jetzt noch nicht offensichtlich. In diesem Monat wurden wieder Berichte über Ausschreitungen an Sportveranstaltungen publik.