Ein halbes Viertel

Schaffhausen ist mit vielen Gemeinden zusammengewachsen. Doch oft stehen althergebrachte Strukturen im Weg. Das verdeutlicht ein Blick über den Rhein.

Mehr als 450 Jahre ist es nun her, seit Schaffhausen am Feuerthaler Rheinufer einen Wachturm errichtete. Dass dieser auch noch mit einem – Schaffhausen zugewandten – Bock verziert war, ist den Feuerthalern damals sauer aufgestossen. Heute gehören solche Sticheleien der Vergangenheit an. Doch dass die Zürcher Gemeinden «ennet em Rhy» trotzdem nicht mit Schaffhausen verschmelzen, wird klar, wenn man ihre Anbindung an den öffentlichen Verkehr betrachtet.

«Feuerthalen ist eigentlich ein Schaffhauser Quartier», sagt zum Beispiel Markus Späth, SP-Kantonsrat aus Feuerthalen. Und ein Quartier mit knapp 3’500 Einwohnern müsse man natürlich auch mit städtischen Bussen erschliessen. Dem stimmt auch Stadtrat Peter Käppler zu, der für die Verkehrsbetriebe Schaffhausen zuständig ist: «Die Zürcher Nachbargemeinden sind stark nach Schaffhausen ausgerichtet. Damit das Zentrum nicht im Verkehr erstickt, muss der öffentliche Verkehr verbessert werden».

Dass der Verein Agglomeration Schaffhausen, der von der Stadt wesentlich mitgeprägt wird, dem zustimmt, ist keine Überraschung. Im Bericht zur Verkehrsentwicklung wird Feuerthalen/Flurlingen denn auch klar als Schwachstelle angegeben. Bedeutet das nun grünes Licht für eine verbesserte Anbindung Flurlingens und Feuerthalens? Nicht, wenn es nach Feuer­thalens Gemeindepräsident Werner Künzle geht, der in einer Stellungnahme schreibt, dass «das heutige Angebot ausreichend ist, und den Bedürfnissen entspricht».

Mit dieser Meinung steht er keineswegs alleine. Dominik Brühwiler, Chef Planung beim Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) sieht die gesetzlichen Mindestanforderungen gedeckt. Und sowieso sei die Nachfrage nach Dienstleistungen des ÖV gering und ein verbessertes Angebot, das gemäss Angaben der VBSH etwa eine Million Franken kosten würde, könnte nicht finanziert werden. Diese Ablehnung seitens des ZVV könnte entscheidend sein, denn Peter Käppler sagt: «Ohne ihn geht gar nichts. Er bestimmt Angebot und Betreiber».

Eine verfahrene Situation also. Für Geschichtslehrer Späth sind die föderalistischen Strukturen der Hauptgrund dafür, und auch Käppler sagt: «Das moderne Leben hält sich nicht mehr an Kantonsgrenzen». Dass die Kantonsgrenzen die Zusammenarbeit nicht einfacher machen, kann man aus der Vernehmlassungsantwort der Gemeinde Neuhausen zum Vorschlag des Agglomerationsvereins lesen: «Eine Erweiterung des städtischen Busnetzes würde zur Attraktivierung der Wohngebiete im Kanton Zürich führen. Ob dies sinnvoll ist, darf bezweifelt werden.»

Wenn sich Politik und Verwaltung uneins sind, kann es erhellend sein, die Betroffenen selbst zu befragen. Am Bahnhof Schaffhausen füllt sich zur vollen und zur halben Stunde jeweils das Postauto nach Feuerthalen mit PendlerInnen. Der Zugführer Urs Obrist sagt: «Ein Anschluss ans Stadtbusnetz wäre eine grosse Verbesserung für uns Feuerthaler. Wir sind ganz klar auf die Stadt Schaffhausen ausgerichtet». «Der momentane Zustand ist mühsam», doppelt Kantonsschüler Michael Waldvogel nach. «Teilweise brauche ich vierzig Minuten bis an die Schule.»