Keine ernsthaften Pläne

Die Bandräume in der Stadt sind knapp. Politiker forderten schon mehrfach grösseres Engagement von der Stadt, doch die Chancen stehen nicht gut.

Das Gitter vor dem Eingang in der Karstgasse steht offen. Die Elektroheizungen im Bandraum sind kalt. Martin Wanner sitzt auf dem Sessel, Christoph Wanner auf dem Sofa daneben und hat die Winterjacke an. Er ist der Drummer und eines der vier Mitglieder von «Tongue Twister». «Bis im April dauert es, bis wir Genaueres wissen», sagt er. «Noch steht der Auszugstermin nicht fest.»

Die Zukunft der Bandräume in der Karstgasse ist nicht gesichert, seit die IG Altstadt die Liegenschaften gekauft hat. Wie genau die neue Besitzerin die Liegenschaften nutzen will, ist noch nicht klar. Es ist aber gut möglich, dass «Tongue Twister» im Sommer wieder auf der Suche nach einem neuen Bandraum ist. Betroffen ist auch die Band «Pete Bamboo», die deshalb seit einem halben Jahr einen neuen Proberaum sucht – ohne Erfolg.

Damit sind sie in guter Gesellschaft. Seit Jahren fehlt es in Schaffhausen an Bandräumen. Daran änderten auch verschiedene Vorstösse von Jungpolitikern nichts, die sich mehr Engagement von der Stadt wünschten. Alt AL-Grossstadträtin Rebekka Plüss hatte schon im Jahr 2006 angefragt, ob nicht die ehemaligen Bushallen auf dem Kammgarnareal umgenützt werden könnten.

Der Stadtrat fand jedoch, die Lokalität sei ungeeignet, hielt aber bereits damals fest, dass «der Stadtrat aus langer Erfahrung weiss, dass Probelokale für Nachwuchsmusiker in der Stadt schon immer gesucht waren» und dass «eine gewisse Hoffnung allenfalls bei der neuen Nutzung des Stahlgiesserei-Areals im Mühlental besteht». Unterdessen hat man aber andere Pläne für die Stahlgiesserei. Es sollen eine Veranstaltungs- und eine Sporthalle darin Platz finden. Von Proberäumen ist nicht die Rede.

In der Karstgasse könnten nun nochmals zwei Bandräume verloren gehen, wenn auch die IG Altstadt in ihrem Projekt keine Rücksicht auf die Anliegen der jungen MusikerInnen nimmt. Es sind gerade diese Räume, die besonders beliebt sind: Grosszügig, günstig, zentral und mit wenig lärmempfindlicher Nachbarschaft.

Nicht immer werden diese Kriterien erfüllt. In manchen Räumen proben drei verschiedene Bands, die Übungszeiten sind beschränkt oder die Infrastruktur lässt zu wünschen übrig. Auch «Tongue Twister» haben beim Einzug die Wände selbst isoliert und die Schlösser auswechseln lassen, um loslegen zu können. Nicht, weil der Vermieter das nicht gemacht hätte, aber selbst Hand anzulegen ging einfach schneller. Mit ihrem Raum sind sie sehr zufrieden. Sie hoffen, bleiben zu können, und haben sich deshalb noch nicht auf die Suche nach einer neuen Lokalität gemacht.

Anders als ihre Bandraumnachbarn: «Seit einem halben Jahr suchen wir wieder einen Bandraum, doch bis jetzt ohne Erfolg», sagt Sebastian Pfister, der Gitarrist und Sänger von «Pete Bamboo». Die neunköpfige Band hatte erst nach zweieinhalb Jahren ihr erstes Probelokal gefunden. «Wir hatten nur zwei Schlüssel für alle damals noch acht Mitglieder und der Raum war sehr klein», so Pfister. «Für unsere Besetzung brauchen wir mindestens 36 Quadratmeter.» Danach waren sie zur Untermiete bei «Tongue Twister», ehe der Nebenraum in der Karstgasse frei wurde. Auch sie mussten den Raum erst «zweckmässig umbauen».

Dass die Suche nach Räumen nicht einfach ist, zeigt auch ein weiteres Beispiel. «Wir haben uns anfangs in Schaffhausen umgesehen, es dann aber ziemlich schnell aufgegeben», meint etwa der Gitarrist der Thrash Metal-Band «Down End Rest», die in Diessenhofen probt.

Der Aufwand ist für alle Bands gross. Die meisten müssen erst die Wände mit Eierkartons isolieren, müssen auf andere Hausbewohner Rücksicht nehmen oder auf andere Bands, wenn man keinen eigenen Raum findet. Ohne eisernen Willen und Geduld haben es nur wenige Bands zu einem Probelokal gebracht. «Ich kann mir vorstellen, dass viele gar nicht erst auf die Idee kommen, eine Band zu gründen, da sie schon wissen, wie schwierig es ist, einen Raum zu finden», meint etwa Clive von «DON DAN and the Gang Bang».

Derzeit ist im Grossen Stadtrat sowohl eine kleine Anfrage, die sich nach dem weiteren Bestehen der Bandräume in der Karstgasse erkundigt, als auch ein Postulat von Grossstadtrat Christoph Lenz hängig, das laut Rolf C. Müller, dem abtretenden Kulturbeauftragten der Stadt Schaffhausen, bis Ende Jahr beantwortet werden soll. In diesem Postulat wird der Stadtrat aufgefordert, ein bedarfsgerechtes Angebot an Übungsräumen für kulturelles Schaffen zur Vefügung zu stellen.

Die Chancen für mehr Aktivitäten seitens der Stadt fallen aber gering aus. Der zuständige Stadtrat Thomas Feurer sagte anlässlich der Überweisung des Postulates im Grosstadtrat: «Die Bedürfnisse sind nach oben offen und wandeln sich mit der Zeit und den Trends so schnell, dass wir immer einen Schritt hinterher wären.» Ausserdem distanziere sich der Stadtrat von einem verordneten Infrastrukturangebot für Probelokale für die verschiedensten Kulturdisziplinen.

Die Stadt tut sich aber nur schon schwer, den Bands zu helfen, wenn es um die Suche geht. Zwar wissen verschiedene Bands von einer Warteliste, die es allerdings laut Rolf C. Müller nicht gibt. Die verschiedenen Lokalitäten, welche die Stadt zur Verfügung hat, werden dezentral betreut. So etwa bei den Bandräumen im Jugendtreff an der Webergasse. Diese führen eine eigene Warteliste und im letzten Jahr gingen rund 15 Anfragen ein.

Das Bedürfnis nach Bandräumen ist also immer noch gross. Für die Nachwuchsmusiker bleibt zu hoffen, dass die Stadt doch noch Hand bieten wird.