Wirte in Fesseln

Ab erstem Mai ist das Rauchen in Schweizer Restaurants verboten – mit Ausnahmen. Manche Wirte sehen sich in ihrer Freiheit massiv eingeschränkt, andere sehen darin eine Chance.

Tomislav Babic, Geschäftsführer des Restaurants Falken und der Brasserie, rechnet wegen des Rauchverbots mit einem enormen Umsatzverlust und ist sicher, dass er einen Stellenabbau vornehmen muss. Seine Kunden seien etwa zu 40 Prozent Raucher. Doch der Konsum der Raucher gegenüber den Nichtrauchern sei unverhältnismässig höher. Deshalb werde der Umsatz stark einbrechen. Um diesen Effekt und seine negativen Konsequenzen abzudämpfen, baut er sowohl in der Brasserie als auch im Falken ein Fumoir – und geht beträchtliche finanzielle Risiken ein.

Der Beizer der Kammgarn, Markus Baumann, rechnet für seinen Betrieb mit einem anderen Szenario: «Das Rauchverbot kommt mir entgegen. Die Kammgarn ist ein Speiselokal, da spielt es eine untergeordnete Rolle, ob man rauchen darf oder nicht. Dafür fallen die leidigen Diskussionen weg.» Er rechnet für seinen Betrieb mit einer Umsatzsteigerung und sieht sich persönlich nicht in der unternehmerischen Freiheit eingeschränkt.

Ganz anderer Meinung sind da Max Reiner, Präsident von Gastro Schaffhausen, und Tomislav Babic. Sie sehen ihren wirtschaftlichen Spielraum extrem gefährdet. Sie sprechen nicht nur von einer Beschneidung ihrer unternehmerischen Freiheit, sondern auch von einem groben Eingriff in ihre Privatsphäre. Denn sie erachten ein Restaurant nicht als öffentlichen, sondern als privaten Raum. «Niemand wird gezwungen, in ein Restaurant zu gehen», sagt Reiner. «Bei einem Billetautomaten ist das anders, dort gibt es keine Alternative.»

Marcel Jenni vom Verein für Jugendfragen, Prävention und Suchthilfe (VJPS) macht eine Abwägung. Ihm ist es wichtig, dass der Schutz vor Passivrauch gesichert ist. Raucher dürfen keinen Einfluss auf Nichtraucher haben. So gewichtet er denn auch den Gesundheitsschutz höher als die ökonomischen Interessen der Wirte und die Freiheit der Raucher. Weiter ist er der Ansicht, dass ein Restaurant nicht primär besucht wird, um zu rauchen. «Man geht in ein Restaurant wegen der sozialen Kontakte. Dieses Bedürfnis wird nach wie vor bestehen und deshalb werden die Restaurationsbetriebe nicht gefährdet.»

Doch sein zentrales Anliegen ist der Schutz des Personals. Es müsse garantiert sein, dass alle einen rauchfreien Arbeitsplatz haben. Babic lässt dieses Argument so nicht gelten. Ihm liege der Schutz seines Personals am Herzen. Er biete immer Hand, wenn ein Angestellter in den rauchfreien Bereichen des Restaurants arbeiten wolle, oder seine Arbeitseinsätze so legen wolle, dass er zu Zeiten arbeiten könne, zu denen viel weniger geraucht wird. «Und letztendlich zwinge ich niemanden, bei mir zu arbeiten», sagt er.

Der Falkenwirt und der Gastro Schaffhausen Präsident sind auch frustriert und enttäuscht, wie sich die Sache entwickelt hat. Vor über zehn Jahren schon habe der schweizerische Branchenverband, Gastro Suisse, Kampagnen zum Nichtraucherschutz lanciert, meint Reiner. Viele Restaurants seien gänzlich rauchfrei. Viele hätten Lösungen gefunden, in dem sie gewisse Bereiche rauchfrei halten würden oder beispielsweise zu Essenszeiten ein Rauchverbot eingeführt hätten.

Und Babic ergänzt: «Das Gastgewerbe hat zu allererst und an vorderster Front für den Schutz der Nichtraucher gekämpft», und fügt an: «das Bedürfnis nach Nichtraucherlokalen ist zu einhundert Prozent abgedeckt.» Dass man Nichtraucher schützen müsse, sei Wahnsinn. «Das ist Mehrheitenschutz. Ich habe noch nie erlebt, dass man Mehrheiten schützt, wenn es nicht strafrechtlich relevant ist.»