«Wir dürfen es nicht übertreiben»

Marcel Montanari, Thaynger Einwohnerrat und Präsident der Jungfreisinnigen aus dem Reiat, begründet die Forderung nach tiefen Steuern.

Viele FDP-Politiker bezeichnen ihre eigene Partei als staatstragend. Die Jungfreisinnigen hingegen wollen die Mittel des Staates immerfort durch Sparmassnahmen und Steuersenkungen reduzieren. Wollen sie den Staat abschaffen?

Nein. Die Jungfreisinnigen sind für einen effizienten und wirkungsvollen Staat. Dort, wo es ihn braucht. Grundsätzlich funktioniert unser Staatssystem, aber es ist oft eine Gratwanderung im politischen Entscheidungsprozess, welche Wünsche der Bürger durch den Staat erfüllt werden sollen. Staatstragend ist nur die Bevölkerung.

Werden im Moment zu viele Wünsche der Bürger berücksichtigt?

Die Frage ist, ob sie angemessen berücksichtigt werden. In der Tat erscheint es mir so, dass die Politiker in Thayngen etwas zu motiviert sind und es ihnen schwerfällt, Nein zu sagen. Dabei geht oft das Bedürfnis der Bürger vergessen, über ihr Geld möglichst selbst verfügen zu können. Deshalb sind wir für tiefe Steuern.

Die Gemeinde Thayngen hat dem Schulleiter einen Sozialarbeiter zur Seite gestellt, was die Jungfreisinnigen als zu teuer betrachteten. Ist eine gute Schule kein Bedürfnis der Bürger und das Geld nicht wert?

Bildung ist sehr viel wert und es ist uns gerade darum wichtig, wofür das Geld eingesetzt wird. Das Zentrale ist der Unterricht im Klassenzimmer. Dort nimmt der Lehrer eine wichtige Funktion ein.

Wenn durch die Sozialarbeit die Lehrer entlastet werden, kommt das am Ende nicht allen zugute?

In Einzelfällen kann Sozialarbeit sinnvoll sein, man darf es aber nicht übertreiben: Thayngen hat im Vergleich zu vielen anderen Gemeinden ein absolut überdotiertes Pensum beschlossen und spart dafür lieber beim Bastelmaterial.

Dienen diese von den Jungfreisinnigen geforderten Einsparungen nicht letztlich Steuersenkungen, von denen wieder die Reichen und nicht die Bürger überproportional profitieren?

Von tiefen Steuern profitieren alle, nicht nur, weil sie weniger Steuern bezahlen müssen, sondern weil auch sichergestellt wird, dass das Geld nicht vom Staat verschwendet wird. Möglichst viel Geld muss bei den Privaten bleiben, damit diese investieren können, was Arbeitsplätze schafft.

Nochmals: Wieso sollten die Reichen überproportional profitieren?

Anhand dieser Fragestellung wird suggeriert, dass weniger Steuern einzuziehen ein Geschenk sei. Das ist falsch.

Schafft der Staat nicht die Rahmenbedingungen für die Erwirtschaftung der grossen Privatvermögen, und wäre durchaus legitimiert, Steuern einzuziehen?

Das stimmt, der Staat dient zur Sicherung der Rahmenbedingungen, damit die Wirtschaft florieren kann. Es ist selbstverständlich, dass der Staat dazu finanzielle Mittel braucht. Wir sind nicht primär für die Reichen, sondern für Mittelstand und die KMU, und wir wollen nicht, dass der Staat Geld verschleudert.