Die Informationsverwalter

Thomas Leuzinger über ein Monopol, das nicht nur wirtschaftlich, sondern auch inhaltlich wenig Platz für Experimente lässt. Statt kreativen Journalismus zu fördern, wird – auch hier in Schaffhausen – lediglich der Informationsfluss verwaltet.

Wir befinden uns im Jahre 2011 n. Chr. Ganz Helvetien ist von mächtigen Medienhäusern besetzt … Ganz Helvetien? Nein! Ein von unbeugsamen Zwiebelfressern bevölkertes Dorf hört nicht auf, den Eindringlingen Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die medialen Legionäre, die als Besatzung in den befestigten Lagern Tamedia, Ringier, NZZ und AZ-Medien liegen …

Schaffhausen hat unabhängige Pressehäuser und vordergründig eine erstaunliche Pressevielfalt, um die wir in manchem Kanton beneidet werden. Zehn Publikationen kämpften bis vor kurzem noch um die Gunst der LeserInnen. «Konkurrenz» ist in unserm Kanton allerdings trotzdem eine Floskel, der sich Medienunternehmer nur bedienen, wenn sie von ihrer Monopolstellung ablenken möchten. Selbst der einzige ernsthafte Konkurrenzkampf in den vergangenen zehn Jahren – nämlich derjenige ums Klettgau zwischen der «Klettgauer Zeitung» der Druckerei Hallau AG und der «Schaffhauser Landzeitung» von der Stamm und Co. Druckerei – hat mit der Übernahme des «Klettgauer» durch die «Schaffhauser Nachrichten» ein Ende gefunden. Gerüchteweise soll der «Klettgauer» in einem Jahr bereits in die «SN» integriert werden. Nun heisst es verwalten und erhalten – das ist der einzige Punkt, in dem sich die Schaffhauser Presselandschaft deutlich von anderen Regionen abhebt.

Die Übermacht der «Schaffhauser Nachrichten», die konkurrenz- und ideenlos den Raum Schaffhausen bewirtschaftet, hat auf jeden Fall den Informationsfluss im Kanton nur spärlich gefördert. Zwar betreiben die «SN» auch einen Fernsehsender und ein Radio, aber vor Originalität strotzen beide Produkte nicht, was auch eine finanzielle Frage ist. Das Flaggschiff, die «Schaffhauser Nachrichten» selbst, haben in letzter Zeit wenig Neues geboten. Vielmehr setzt das lahme Medienhaus, das als Monopolist die Impulse für die Region liefern könnte, Schaffhausen der Gefahr aus, den Anschluss an die neuesten Entwicklungen zu verlieren.

Die überarbeitete Version der «Klettgauer Zeitung» überzeugt nicht eben mit einem kreativen Konzept. Der «Steiner Anzeiger», ebenfalls eine Publikation aus dem Hause Meier, kann mit den knappen Ressourcen auch nicht mehr als Berichterstattung über Pressekonferenzen und Stadtfeste liefern. Mehr über die Online-Ausgabe der «SN», die sich kaum dem Medium Internet angepasst hat, können Sie weiter hinten im Dossier lesen. Die Nord­agenda, eine Liste mit Veranstaltungen, kann ebenfalls nicht als grosser Wurf bezeichnet werden, obwohl dem Hause Meier ein eigenes Informatikunternehmen angehört.

Während in anderen Regionen eine Mikrozeitung wie die «Jungfrau-Zeitung» grossen Erfolg verzeichnen kann und «SeeMOZ», eine Online-Monatszeitung vom Bodenseee, seit Jahren auf eine treue Leserschaft zählen kann, haben wir in Schaffhausen vor allem einen grossen Verlag, der die Entwicklungen betrachtet und notfalls nachzieht, wenn Konkurrenz-Gefahr von ausserhalb des Kantons droht.

m Online-Bereich zum Beispiel. Da leisten «20 Minuten» und «Blick Online» mit ihren regionalisierten Nachrichten schon einiges. Nun haben die grosse Verlage aber – auch wegen der unerfreulichen Wirtschaftslage – festgestellt, dass sich damit wenig Geld machen lässt: Prompt machen die «SN» online einen Rückzieher, bevor sie ein richtiges Angebot auf die Beine gestellt haben. Dass eine Zeitung kontinuierlich – wenn auch mit bescheidenen Mitteln – vorwärts strebt, das trifft in Schaffhausen höchstens auf die «Landzeitung» zu.

Die Kommunikations- und Informationsgewohnheiten verändern sich. Auch in Schaffhausen haben Blogs wie schaffhausen.net oder verfaultegeschichten.ch eine treue Leserschaft. Ein experimentierfreudiger, attraktiver Journalismus braucht Begeisterung, und vor allem neue Ideen.

Bei uns im Kanton aber ändert einzig die Herausgeberschaft der Zeitungen resp. die «Schaffhauser Nachrichten» und die Meier und Cie. AG übernehmen die Publikation. Ansonsten werden die Zeitungen so massvoll umgebaut, dass es niemand mitkriegt.

Die behäbige Entwicklung der Medienlandschaft mag wohl auch an der Demografie der Entscheidungsträger liegen. Ein Verleger unter fünfzig ist in dieser Berufsgruppe ein Baby. Wenn Norbert Neiniger gegenüber dem «Klartext» sagt, er werde auch mit 100 Jahren noch hinter dem Schreibtisch sitzen, dann sind das keine guten Aussichten für das selbsternannte Forums-Blatt, das nach Meinung seines Verlegers «auf eine politische Ausrichtung verzichtet». Gerade das aber bietet Chancen für neue Medien, die längerfristig an der Monopolstellung der «Schaffhauser Nachrichten» rütteln könnten.