«Wir sind für Medienvielfalt»

Norbert Neininger, der Verleger der «Schaffhauser Nachrichten», sieht sich mit Tele Blocher in einer Vorreiterrolle und hält die «Weltwoche» für eine gute Alternative «zur leider oft grassierenden Einheitsberichterstattung». Das gescheiterte Lappi-Streitgespräch mit Neininger und Bernhard Ott, dem Verleger der «schaffhauser az».

Betreff: Fragen für den «Lappi»
Von: Lappi tue d’Augen uf <lappi@al-sh.ch>
Datum: 14.08.2011 12:29
An: Norbert Neininger <neininger@shn.ch>

Sehr geehrter Herr Neininger

Wir bedauern sehr, dass Sie uns nun schon zum zweiten Mal über Ihre Sekretärin kurzfristig ausrichten liessen, dass Sie den Interview-Termin für das Streitgespräch, den wir mit az-Verleger Bernhard Ott und Ihnen lange vorher vereinbart hatten, nicht wahrnehmen konnten.
Wir schicken Ihnen nun einige der Fragen zu und bitten Sie, uns diese bis (…)

Betreff: Re: Fragen für den «Lappi»
Von: «Neininger Norbert» <neininger@shn.ch>
Datum: 14.08.2011 12:42
An: «Lappi tue d’Augen uf» <lappi@al-sh.ch>

Sehr geehrter Herr Aders

Ja, es tut mir leid, das ich das verschieben musste, derzeit bin ich sehr beschäftigt und es kann zu kurzfristigen Terminkollisionen kommen.

Danke für Ihre Fragen (…)

Betreff: Re: Fragen für den «Lappi»
Von: «Neininger Norbert» <neininger@shn.ch>
Datum: 16.08.2011 00:10
An: «Lappi tue d’Augen uf» <lappi@al-sh.ch>

Sehr geehrter Herr Aders

Dank für den Hinweis.

Nun zu unserem Interview. Ich werde Ihnen die Fragen beantworten, wenn wir uns auf folgende Regel einigen können: Sie drucken meine Antworten ungekürzt und ohne irgendwelche redaktionellen Veränderungen ab.

Können Sie das bestätigen? (…)

Betreff: Re: Interview im «Lappi»
Von: «Neininger Norbert» <neininger@shn.ch>
Datum: 25.08.2011 17:17
An: «Lappi tue d’Augen uf» <lappi@al-sh.ch>

Sehr geehrter Herr Leuzinger

Ich hatte Fragen zusammengenommen – es kann aber auch so gemacht werden.

Beste Grüsse
Norbert Neininger

> Der Meier und Cie AG, deren Verwaltungsratspräsident und Unternehmensleiter Sie sind, gehören unter anderem die «Schaffhauser Nachrichten» (SN), der «Steiner Anzeiger», die «Klettgauer Zeitung», das «Schaffhauser Magazin», eine Minderheitsbeteiligung am «Schaffhauser Bock», das «Schaffhauser Fernsehen» (SHf) und Radio Munot. Ihre Mediengruppe hat eine Monopolstellung im Kanton Schaffhausen inne und diese vor kurzem mit dem Kauf der «Klettgauer Zeitung» weiter ausgebaut. Ist Ihr Einfluss auf die Schaffhauser Medienlandschaft nicht zu gross?

Wir sind für Medienvielfalt, und ich engagiere mich dafür auch persönlich sehr, sowohl schweizerisch – als Mitglied des Präsidiums des Verbandes Schweizer Medien – als auch in der Region. So haben wir beispielsweise dafür gesorgt, dass Schaffhausen ein eigenes Radio und ein eigenes Fernsehen hat, und wir haben die «Klettgauer Zeitung» vor dem Verschwinden bewahrt. Damit wir dieses Engagement fortsetzen können, brauchen wir eine wirtschaftlich starke Stellung im Kanton, was unsere Existenz langfristig sichert und auch unsere rund 165 Arbeitsstellen.

> Ab wann wird die Medienkonzentration in unserer Region zu stark?

Sobald Sie mir nicht mehr solche Fragen stellen dürfen.

> Welchen Stellenwert messen Sie kleinen Zeitungen und Publikationen wie der «schaffhauser az» oder dem «Lappi» für die Meinungsbildung und -vielfalt zu?

Während die «Schaffhauser Nachrichten» auf eine parteipolitische Ausrichtung verzichten und eine Zeitung für alle ist, richtet sich die AZ eher ans linke Spektrum und ist dadurch sicherlich eine wichtige ergänzende Stimme im Kanton. Dem tragen wir auch durch unser gemeinsames Druckunternehmen Rechnung. Insgesamt und ganz generell fördert jedes Medium die Meinungsvielfalt, wenn es nicht anderen, sondern publizistischen Interessen dient.

> Aus Ihrem Medienhaus kommt nicht nur BlocherTV, mit der «Klettgauer Zeitung» haben Sie auch ein Publikationsorgan der SVP erworben. Konzentriert sich das Medienhaus auf Publikationen und Journalismus im rechts-bürgerlichen Spektrum?

Wir kommentieren aufgrund unserer Linie: Wir sind für Eigenverantwortung und gleichzeitig für soziale Marktwirtschaft; wie unsere Vorgänger vertreten wir die Meinung, dass Föderalismus, Neutralität, Subsidiarität und Unabhängigkeit die Schweiz auszeichnen. Das politische Spektrum innerhalb der Redaktion ist – anders als beispielsweise bei der AZ – gross, es gibt Sozialdemokraten und Freisinnige und wohl auch noch Mitglieder anderer Parteien. Zuerst und vor allem aber informieren wir breit und unabhängig – über alle Parteigrenzen hinweg.

> Sowohl Sie und das Redaktionsleitungsmitglied Robin Blanck als auch die Mehrheit der weiteren redaktionellen Mitarbeiter vertreten in der politischen Berichterstattung bürgerliche Meinungen. Glauben Sie, mit dieser Ausrichtung dem Informationsbedürfnis der Bevölkerung gerecht zu werden?

Wie gesagt: Wir haben ein Team mit unterschiedlichen politischen Ausrichtungen, das sich bei jeder Frage auf eine gemeinsame Position einigt, die auf unseren Grundsätzen beruht. Da spielen dann die eigenen Präferenzen keine grosse Rolle.

> Stimmt es, dass Sie die Journalisten beim Einstellungsgespräch nach Ihrer politischen Einstellung fragen und vorzugsweise rechts-bürgerliche Journalisten anstellen?

Zum Ersten: ja, natürlich, zum Zweiten: nein, natürlich nicht.

> Wieso finanzieren Sie die Sendung BlocherTV?

Das Schaffhauser Fernsehen hat mit Teleblocher vor rund vier Jahren als Vorreiter ein mediales Experiment gestartet, und das Modell fand inzwischen viele Nachfolger. Für das Schaffhauser Fernsehen ist das – via Internet – eine Möglichkeit, über die Region hinaus Publikum zu finden.

> Wird die Sendung allein vom SHf finanziert?

Es handelt sich um bescheidene Produktionskosten, die wir uns gut leisten können.

> Wie oft schauen Sie BlocherTV?

Wie jeder politisch interessierte Journalist verfolge auch ich Teleblocher.

> Sie sind ein erklärter Sympathisant von Christoph Blocher und haben BlocherTV vor 4 Jahren lanciert. Denken Sie heute immer noch, dass der SVP-Politiker die richtigen Rezepte für die Zukunft hat?

Da müssen Sie jene Parteien fragen, die inzwischen wesentliche Positionen Blochers übernommen haben, beispielsweise und unter anderen die Ablehnung eines Beitrittes zur Europäischen Union.

> Welches sind Ihre politischen Vorbilder?

Vorbilder habe ich keine, vor allem keine politischen. Ich schätze aber ganz generell – auch bei den Politikern – Verlässlichkeit, klare Positionen und Engagement für die Gemeinschaft. Opportunismus und Wankelmut hingegen sind mir zuwider.

> Was halten Sie von politischem Journalismus, wie ihn die «Weltwoche» betreibt?

Die «Weltwoche» ist eine gute Alternative zur leider oft grassierenden Einheitsberichterstattung und damit im besten Sinne aufklärerisch und impulsgebend. Aber letztlich hat ja jeder einen eigenen Kopf, damit er selber denken kann – wir Journalisten können nur anregen und aufzeigen.

> Wieso verwenden Sie Ressourcen darauf, den Mantelteil, den Sie beim Landboten einkaufen, bezüglich Layout umzubauen?

Wir haben nach wie vor eine eigene Redaktion unter der Leitung von Doris Kleck, und diese verwendet die Seiten aus Winterthur, um daraus – zusammen mit den Agenturen und Korrespondenten – unseren eigenen, sogenannt Vorderen Teil, zusammenzustellen. Es geht da nicht vor allem ums Layout, sondern um eine eigene Sicht der Dinge, um unsere «Schaffhauser Brille», durch die wir auf die Schweiz und die Welt schauen.

> Momentan findet weltweit – auch in der Schweiz und Schaffhausen – eine starke Konsolidierung in der Medienlandschaft statt. Wo stehen die «Schaffhauser Nachrichten» in zehn Jahren?

Ja, es gibt neben uns nur noch wenige unabhängige Regionalzeitungen, der einst dichte Schweizer Blätterwald wurde abgeholzt und ausgedünnt. Ihre Unabhängigkeit haben zuletzt die «Thurgauer Zeitung» und die Regionalzeitungen um Zürich verloren. Und überall geschieht dasselbe: Sobald die Zeitungen verschwunden sind oder in einem grossen Verbund aufgehen, wird das von Politik und Wirtschaft und auch vom Publikum bedauert. Und auch jene, die sich dazu über die Monopolstellung ihrer Zeitung gelegentlich geärgert haben, wünschen sie sich zurück, wenn sie durch ein Kopfblatt ersetzt wird und die Verantwortlichen nicht mehr über Land und Leute Bescheid wissen und auch nicht mehr unmittelbar greifbar sind. Die eigenen Medien sind ein Teil der Identität einer Region und auch eine Stimme der Region – dies gilt für unsere Zeitung und auch für unser Radio und unser Fernsehen. Ich bin überzeugt, dass die Wertschätzung für von einem unabhängigen Verlag herausgegebene Medien in nächster Zeit wachsen wird und man sich abwendet von Publikationen, die keine publizistischen, sondern andere Interessen verfolgen. Und daher werden wir frohen Mutes auch das 160. feiern können in zehn Jahren.

Eigentlich hätte dieses Interview im Rahmen eines Streitgespräches mit Bernhard Ott, dem Verleger der «schaffhauser az», stattfinden sollen. Da dies terminlich nicht geklappt hat, hier das separate Interview mit Bernhard Ott: «Mainstream ist in Meier-Besitz»