Schwere Zeiten für Beizen

Die Anzahl Beizen nimmt im Kanton Schaffhausen ab. Unter anderem wegen des Nicht­raucherschutzgesetzes. An der Peripherie der Stadt und auf dem Land tun sich BeizerInnen schwer.

Im Vorfeld der Einführung des Rauchverbots vor zwei Jahren prophezeiten viele WirtInnen ein schweizweites Beizensterben. Dieses ist bisher nicht eingetreten, die Anzahl Gastronomiebetriebe ist insgesamt stabil oder wächst sogar leicht. In Schaffhausen hingegen gibt es jedes Jahr weniger Beizen.  Dieser Trend ist nicht allein dem Nichtraucherschutz-Gesetz zuzuschreiben,  doch es ist eindeutig einer der Faktoren, die das Beizensterben fördern.

Max Reiner, Präsident des Verbands Gastro Schaffhausen, weiss von mehreren Lokalen, die aufgrund des Rauchverbots schliessen mussten. Eine Umfrage, die er bei Wirten im Kanton durchführte, zeigt: Knapp die Hälfte der Betriebe gab an, das neue Gesetz habe ihren Umsatz negativ beeinflusst, einige davon mussten Personal entlassen. Ein Wirt, der seine Quartierbeiz in ein Nichtraucherlokal umwandeln musste, schrieb in der Beantwortung der Umfrage: «Wenn alle diese Befürworter des neuen Gesetzes bei uns zum Essen kämen, müssten wir Gopferdeckel ohne Feiertage arbeiten!»

Andere Lokale haben vom Rauchverbot profitiert: In der genannten Umfrage vermeldeten rund ein Viertel der befragten Betriebe Umsatzsteigerungen. Einerseits profitierten Beizen, die weniger als 80 Quadratmeter Fläche aufweisen und in denen deshalb weiterhin geraucht werden darf, andererseits gab es auch Restaurants, die den Rauch verbannten und den Betrieb mehr auf die Kunden, die zum Essen kommen, ausrichteten. Ein Beispiel dafür ist das Alte Schützenhaus auf der Breite. «Wir hatten auf einen Schlag mehr Umsatz», sagt Wirt Roland Reutimann. «Ich habe fast keine Gäste verloren und es kommen mehr Leute zum Essen.»

Auch Tomislav Babic, der Wirt des Falken an der Vorstadt, ist zufrieden. Er hat schnell auf das Nichtraucherschutzgesetz reagiert. Mit einer beträchtlichen Investition hat er im zweiten Stockwerk einen grossen Nichtraucherbereich mit Bar, Restaurant und Lounge geschaffen. Damit beträgt das bisherige Restaurant im Parterre weniger als ein Drittel der gesamten Restaurantfläche, so dass er es weiterhin als bedienten Raucherbereich betreiben kann – als grösste Raucherbeiz der Region. «Der Entscheid, zu investieren, war richtig», sagt Babic. «So konnten wir den Umsatz im unteren Teil retten. Insgesamt haben wir, zusammen mit dem neuen Bereich, 30 Prozent mehr Umsatz.»

Doch Massnahmen, wie Babic sie ergriffen hat, kann sich nicht jeder leisten. Laut Max Reiner sind Restaurants und Beizen auf dem Land am stärksten betroffen. Einerseits sind diese Lokale meist grösser als 80 Quadratmeter, weshalb sie nicht als Raucherbeiz weitergeführt werden können, andererseits fehlt das Kapital für grosse Investitionen. Die Wirte haben sich entschieden: Mit grossem finanziellem Aufwand ein Fumoir bauen (sofern dies der Denkmalschutz erlaubte) oder fortan ein Nichtraucherlokal führen. «Für die Landbeizen war die Senkung des Promillewertes, mit dem man noch fahren darf, der erste Hammer», sagt Reiner, «das Rauchverbot war der zweite.»

Das Beizensterben ist nicht flächendeckend. Der Kanton Schaffhausen weist trotz des Rückgangs noch eine Beizendichte von rund drei Lokalen pro 1000 Einwohner auf und liegt damit im gesamtschweizerischen Vergleich knapp in der oberen Hälfte. Auf dem Land und an der Peripherie der Stadt muss man jedoch teilweise ein Beizensterben von dramatischen Ausmassen feststellen. Es gibt mehrere Gemeinden, die keine Beiz mehr haben. In Bargen mussten die «Krone» und der «Löwen» fast gleichzeitig den Betrieb einstellen. Die Bargemer verzichteten auf die gemütliche Atmosphäre der Dorfbeiz und gehen lieber ins Bistro der Tankstelle, wo sie zum Feierabendbier auch weiterhin eine Zigarette rauchen dürfen. Auch auf der Breite haben innerhalb der letzten Jahre mehr als die Hälfte der Beizen ihre Türen für immer geschlossen.

Ob die neuen gesetzlichen Einschränkungen verantwortlich sind für die Umsatzeinbussen, die das Gastronomiegewerbe schweizweit verzeichnet, lässt sich nicht eindeutig feststellen. Fest steht: Herr und Frau Schweizer geben weniger für das Essen und vor allem für das Trinken aus. Die Zahlen aus der Getränkeindustrie decken sich mit jener der Gastronomie: Der Schweizer Brauereiverband stellt fest, dass Bier (das meistkonsumierte alkoholische Getränk der Schweizer Gastronomie) vermehrt im Detailhandel statt in der Gastronomie gekauft wird. «Dieser Trend ist auch bei uns spürbar», sagt Hans-Peter Schneider, Verkaufsleiter der Brauerei Falken. Neben der Verschlechterung der Wirtschaftslage und der Frankenstärke macht der Brauereiverband auch das Rauchverbot dafür verantwortlich.

«Der Stammtisch geht kaputt», sagt Max Reiner. «Am Stammtisch rauchen ja fast alle. Die Wirte sagen mir, dass die Gäste weniger lange sitzen bleiben, seit sie nicht mehr rauchen dürfen. Ein grosser Teil der Einnahmen aus dem Feierabendbier fehlt deshalb in der Kasse. Ausserdem geht die Geselligkeit verloren.»

Reiner ist überzeugt, dass sich der Beizenrückgang im Kanton Schaffhausen fortsetzen wird: «Viele Wirte können ihre Beiz nur deshalb noch offen halten, weil sie die Hypothek für das Haus schon abbezahlt haben. Wenn sie aufhören, kann es sich niemand leisten, die Beiz zu übernehmen.»