Die Waffe im Schrank: Feindbild und Normalität

Geschossen wird immer. Auf Wildschweine, Affen, Wale, Zielscheiben und nicht zuletzt auch auf Menschen. Manchmal, um zu überleben, manchmal aus Spass. Im Kanton Schaffhausen gibt es knapp 12’000 registrierte Schusswaffen. Sie liegen bei JägerInnen, SammlerInnen, SportschützInnen oder ehemaligen sowie aktiven Armeemitgliedern in den Schränken.

Das Titelbild in seiner Entstehung. Bild: nicht ya.

Schiessereien gibt es im Kanton Schaffhausen selten. Von 2008 bis 2011 wurden zwölf Menschen mit Schneid- und Stichwaffen getötet; erschossen wurde in derselben Zeit nur eine Person. Das Gefahrenpotenzial der Schusswaffen zeigt sich versteckter: Etwa bei den Suiziden, bei welchen in diesen vier Jahren elf von 48 Todesfällen auf das Konto der Feuerwaffen gehen. Ist das nun viel im Vergleich zu den Waffen, die in unseren Haushalten liegen oder doch eher wenig?

Sollte man, wie bei den Verkehrstoten, eine Strategie formulieren, die auf eine Null-Quote abzielt? Sollen wir die Anzahl Waffen reduzieren und eine restriktivere Gesetzgebung einführen? Gegen ein totales Verbot spricht, dass ein Rehpfeffer sehr gut schmeckt. Dass eine Jägerin oder ein Jäger eine Waffe besitzen darf, ist also vertretbar. Auch bei der Polizei macht es Sinn, dass sie bewaffnet ist. Wenn schon die JägerInnen Gewehre besitzen, ist es nicht abwegig, dass auch die zivilen Ordnungskräfte ähnlich bewaffnet sind.

Bei SammlerInnen, ehemaligen Armeemitgliedern und SportschützInnen ist die Notwendigkeit der Waffe im Schrank schon eher fraglich. Gerade SportschützInnen aber zeigen, dass das Gewehr oder die Pistole auch für friedliche Zwecke genutzt werden kann. Mit Militär, Selbstverteidigung und Töten hat das wenig zu tun. Die Waffen, die uns in unserer Geschichte während Jahrhunderten im Kampf dienten, sind heute auch aus der zivilen Kultur kaum wegzudenken.

Eingang in die Zimmer von Jugendlichen finden die Schusswaffen seit einiger Zeit in Ballergames, die jeweils Schlagzeilen machen, wenn ein Jugendlicher mit einer Schusswaffe in der Hand und oft brutalen Auswirkungen austickt. Klar ist aber auch, dass das Verhältnis von WaffenbesitzerInnen zu Morden mit Schusswaffen höher ist als das Verhältnis von Ballergames-SpielerInnen zu AmokläuferInnen.

Zudem sind solche Games lange nicht der einzige Weg, wie Kinder und Jugendliche in Kontakt mit Schusswaffen kommen. Das beginnt bei der harmlosen Wasserpistole. Ist es vertretbar, dass Kinder damit spielen? Müsste man sie nicht wenigstens umbenennen?

Waffen sind in unserer Kultur fest verankert, allein im Kanton Schaffhausen gibt es 50 Schützenvereine. Für die Lappi-Redaktion – fast ausschliesslich alle Militärdienstuntaugliche und Frauen – ist der Umgang mit Waffen völlig ungewohnt.

So richtig wohl fühlten wir uns bei der Erstellung des Fotos für die Titelseite dieses Lappi nicht. Man versichert sich gerne ein zweites Mal, ob das Magazin leer ist – und keine Patrone im Lauf.

Auf der Jagd hingegen erlebten wir die nützliche Seite von Schusswaffen, und beim Tontaubenschiessen versuchten wir uns selbst am Abzug – und hatten Spass dabei. Dass der (unbewaffnete) Kampf gegen das Sturmgewehr im Kleiderschrank und der gegen den skrupellosen Waffenexport von Schweizer Rüstungsfirmen weitergehen muss, ist für uns dennoch selbstverständlich.