Fünf Besetzungen – bisher

Die Geschichte der Schaffhauser Hausbesetzungen beginnt Mitte der Siebziger und endet etwas mehr als zwanzig ­Jahre später mit einem ernüchternden Party-Wochenende. Der ­Lappi machte sich auf die Spuren von Schaffhauser Hausbesetzungen und sprach mit Zeitzeugen.

Das PANTLI wird 1975 abgerissen. Historische Bilder: © Stadtarchiv

Am 16. Mai 1975 liess die Liegenschaftsverwaltung der Georg Fischer AG in aller Frühe die Bagger auffahren und die Häuser ­ihrer Arbeitersiedlung im Pantli niederreissen. «Der überraschende Abbruch ist darauf zurückzuführen, weil eine Besetzung des Pantli durch die POCH geplant und eine entsprechende Alarmorganisation bereits aufgebaut worden waren», hiess es im Juni in der Antwort der Kantonsregierung auf eine Interpellation von CVP-Kantonsrat Fritz Gnädinger. Nach drei Tipps und zwei Telefonaten ist Ulrich Wickli am Apparat, damals POCH-Kantonsrat und Präsident des Vereins «Pro Pantli».

«Eine Alarmorganisation, wie behauptet wurde, die hat es nie gegeben. Sonst hätte ich diese ja in Gang gesetzt», erinnert er sich. «Die Rauchwolke hat die Übeltäter verraten. Die hatten sie nicht im Griff. Dass ich alarmiert wurde, war reiner Zufall.»

Eine Woche später sitzen wir in seinem Büro in einem alten Riegelhaus im Niklausen-Quartier, das er drei Jahre nach dem Pantli-Debakel zusammen mit anderen Genossenschaftern gekauft und umgebaut hat. Eine Metalltreppe führt in den ersten Stock des Gebäudes. Von da führt eine weitere Holztreppe unters Dach, wo der Architekt mit der bewegten Geschichte seine Literatur und Akten stapelt. Wegen eines Unfalls hat Wickli Mühe beim Gehen und stapelt dennoch Aktenordner um Aktenordner vor mir auf den Tisch.

Der Verein «Pro Pantli» habe die Liegenschaft von der Georg Fischer AG abkaufen und in der Siedlung genossenschaftliches Wohnen ermöglichen wollen, sagt er. Der Verein habe von Anfang an auf Verhandlungen mit der GF gesetzt. Die Sitzung am 15. Mai, die der städtische Baureferent Jörg Aellig vermittelt habe, sei aber kurzfristig und ohne Angabe von Gründen von den Verantwortlichen bei der GF wieder abgesagt worden. Heute wüssten sie warum. Es war der Abend vor dem Abbruch.

Spitzel an den Sitzungen

Woher kam dann aber die Geschichte mit der Besetzung? Sie hätten im Vorfeld sicher darüber diskutiert, räumt Wickli ein – auch, weil Anfang April das AKW Kaiseraugst besetzt worden sei und diese Aktion das Besetzen in der Schweiz quasi gesellschaftsfähig gemacht habe. Aber konkrete Pläne für eine Besetzung des Pantli hätten sie nie entwickelt.

Woher diese Gerüchte kamen, versuchte im Frühjahr 1995 bereits Bernhard Ott zu ergründen. In einem Artikel zum zwanzigjährigen Todestag des Pantli schrieb der «AZ»-Journalist: «Am Mittwoch, den 14.4.75, erhielt die Kantonspolizei Schaffhausen aus sicherer Quelle die Mitteilung, dass POCH-Leute eine Besetzung des Pantli geplant hätten.» Ott zitierte dabei aus Wicklis Fiche, denn wie viele Linke seiner Generation wurde der POCH-Kantonsrat intensiv bespitzelt. Wer diese «sichere Quelle» war, konnte Ott jedoch nicht sagen. Und auch der damalige Kripo-Chef Max Brütsch, der die GF wohl noch am selben Tag gewarnt hatte, an dem die Polizei von der angeblich geplanten Pantli-Besetzung erfuhr, wollte es ihm nicht verraten.

Ulrich Wickli sagt, er habe seinen «Gorilla» gekannt. Sie hätten gewusst, dass sie bespitzelt würden. Das sei für sie jedoch kein Problem gewesen, weil ihr Vorgehen auf Offenheit beruht habe. Genau daraus wurde dann aber ein Problem. Die Spitzel sassen an den «Pro Pantli»-Sitzungen, wo eine Besetzung diskutiert, in einer Abstimmung jedoch abgelehnt worden war. Den Beamten muss das gereicht haben, und erst recht der GF. Das Pantli wurde abgerissen und Tatsachen geschaffen, um nicht verhandeln zu müssen.

Schwank und die Stinktiere

Die erste Schaffhauser Hausbesetzung kam dann mit Ansage. Nach dem Aufschwung der Ära Bringolf erbte FDP-Stadtpräsident Felix Schwank die Krise: den Niedergang des Industriestandortes Schaffhausen und die damit einhergehenden gesellschaftlichen Kämpfe. Das Drama ums Pantli – mit allen Nachwehen, den Protesten breiter Bevölkerungsteile und den miserablen Noten der nationalen Presse – zählte dazu. Wie auch eine kleinere Geschichte, die sich sechs Jahre später zutragen sollte. Am 26. September 1981 besetzten junge Leute ein altes Haus an der Stokarbergstrasse 125.

Der STORCHEN an der Stockarbergstrasse heute (links) und nach der Besetzung 1981.

Während die Politiker im städtischen und kantonalen Parlament noch darüber diskutierten, ob bereits von einer Wohnungsnot oder erst von einer Wohnungsknappheit gesprochen werden könne, verfassten Mitte des Monats 41 Leute einen offenen Brief «an den Stadtpräsidenten, Stadtrat, an die Hausbesitzer und alle Interessierten». Sie schrieben: «Viele von uns suchen schon seit Monaten vergeblich billige Wohn- oder Arbeitsräume in Schaffhausen. Wir (Alleinstehende, Familien mit Kind, Künstler, Schüler etc.) ärgern uns, wenn wir auf der Strasse stehen und zugleich Wohnungen und ganze Häuser zum Teil schon seit Jahren leerstehen. (…) Wir erwarten nun von Ihnen bis zum 24. September eine Stellungnahme, ob Sie bereit wären, mit uns zusammen eine Lösung dieses Problems zu finden.»

Die Adressaten verstanden den letzten Satz ganz richtig: als Ultimatum. Bevor jedoch Verhandlungen geführt wurden, leitete der Stadtpräsident «Erhebungen betr. des sog. offenen Briefes an den Stadtpräsidenten» über die Unterzeichner ein. Schwank wollte wissen, mit wem er es zu tun hatte. Auf eineinhalb Seiten listete die Stadtpolizei jede und jeden Einzelnen auf, vermerkte hinter den Namen Geburtsdatum, Adresse und Beruf und kam zum Schluss: «Unschwer ist festzustellen, aus welcher Richtung die Unterschriften stammen. Praktisch alle stehen in irgendeinem Zusammenhang mit der Genossenschaft zum eichenen Fass.»

Dort, in der angeblichen Keimzelle der Stokarberg-Besetzer, treffe ich mich knapp dreissig Jahre später mit einem, der von Anfang an dabei war. Daniele Bünzli (55) ist heute Künstler und verdient seinen Lohn im Museum zu Allerheiligen. Damals jedoch, erzählt er, sei er gerade aus Zürich nach Schaffhausen gekommen: «Ich habe im Frühling 1980 mit Freunden ein Ladenkombinat an der Webergasse aufgemacht. Dort, wo heute die Galerie ‹Mera› drin ist. Der Laden hiess ‹Skunk›, Stinktier. Wir verkauften Schallplatten plus Kleider.» Der Laden sei schnell zu einem Treffpunkt geworden und sie hätten gehört, was Jugendliche für Probleme haben. Sie hätten beispielsweise keine Wohnung gefunden. Oder keinen Raum, um Musik zu machen oder aufzutreten. Deshalb der offene Brief. Und weil der Stadtrat nicht darauf geantwortet habe: die Besetzung.

In Schaffhausen gab es seit 1981 FÜNF BEKANNTE HAUSBESETZUNGEN. Die meist jungen BesetzerInnen protestierten unter anderem gegen das Fehlen von bezahl­barem Wohnraum.

«Unsere erste Aktion war sehr direkt, ohne grosse Diskussionen», berichtet Bünzli. «Wir waren knapp vierzig Leute. Ein gemischter Haufen von Punks, Chörnlipickern, Kiffern, Leuten, die auf der Kurve waren, und Hippiefamilien. Die Besetzung war einfach. Wir haben das am Abend vorher organisiert, die Autos beladen, und sind am nächsten Tag ins Haus eingezogen.»

Die Besitzerin SIG erstattete Anzeige wegen Hausfriedensbruchs. Schwank wies die Stadtpolizei auf den 1. Oktober an, das Haus zu räumen. Bis dahin kontrollierten die Beamten jedes Auto und jedes Mofa, das das besetzte Haus angesteuert oder davor geparkt hatte, und führten fein säuberlich Protokoll. Dann sollte die Hausbesetzung endlich beendet werden. Während im Hintergrund das Polizeidispositiv darauf wartete, das Haus zu stürmen, versuchte es der Stadtpräsident jedoch noch mit seinen Überredungskünsten.

Schwank begab sich mit einer Delegation in die Höhle der Stinktiere. «Wir stiessen zuerst auf einen schlafenden Mann mit Hund, der auf die Vorstellung von Polizeiinspektor Huber nachlässig und sauer reagierte. Auch die Geräusche eines weiteren Mannes aus dem Nebenzimmer hörten sich nicht sehr hoffnungsfroh an. In dieser Situation habe ich ziemlich energisch erklärt, man werde wissen, wer ich sei», liess der Stapi später protokollieren. Es muss Schwank schwer gefallen sein, den Knüppel im Sack zu lassen.

Daniele Bünzli liefert dann auch einen Hinweis, weshalb es überhaupt zu den Verhandlungen kommen konnte: «Wir hatten sehr schnell grosse Medienpräsenz. Aus irgendwelchen Gründen hatten wir plötzlich das Regionalradio im Haus und überregionale Zeitungen. Die Stadtväter hatten das nicht gerne, dass Schaffhausen so in die Medien kam. Dort hiess es, die Jugendlichen hätten keine Wohnungen, und es war von einer verfehlten Jugendpolitik die Rede.» Nicht auszudenken, was geschrieben worden wäre, hätte Schwanz das jugendliche Gesindel hinausprügeln lassen.

So wurde also verhandelt. Schwank wollte die Besetzer draussen haben, die wollten bleiben. Und kamen irgendwann im Verlauf der Diskussion auf die Idee, von der Stadt eine Alternative zu fordern. Schwank: «Wir werden gefragt, können wir das Logierhaus haben? Ich wende mich mit der Frage an den Stadtrat Schmid, können sie das Logierhaus in absehbarer Zeit bewohnbar machen? Schmid bejaht.» Der Deal kam zustande. Wobei Bünzli einwendet: «Wir durften nicht an die Presse damit. Sie wollten kein Aufsehen, das war ihnen wichtig.» Der Fall sollte keine Schule machen.

Einst besetzt: das Logierhaus.

Die Stadt Schaffhausen überliess den Besetzern vom Stokarberg ab dem 2. Oktober 1981 das Logierhaus – mit diversen Auflagen. Daniele Bünzli zog es wohl auch deshalb bald wieder von dort weg. Das Abkommen sollte jedoch noch fast fünfundzwanzig Jahre gelten. Die letzten Bewohner mussten 2006 aus dem Logierhaus ausziehen, weil die Stadt das Gebäude der International School vermachte.

«Instand besetzt!»

Schwank ging 1988 in den Ruhestand und Schaffhausen bekam mit Max Hess wieder einen sozialdemokratischen Stadtpräsidenten. Das änderte jedoch nichts daran, dass erneut von Wohnungsknappheit bis Wohnungsnot gesprochen wurde. «In der Stadt gab es einen Renovationsschub, die Mieten stiegen und für alternative Wohnformen war es immer noch schwierig», erläutert Manu Bührer (50) die Gründe für eine Hausbesetzung, die im Frühjahr 1990 mächtig Staub aufwirbelte im Städtchen.

Ende März des Jahres besetzte ein gutes Dutzend Leute, die sich allesamt aus der Punk-Szene kannten, ein seit Jahren leerstehendes Haus an der Fulachstrasse 18. Die Gruppe hatte sich bereits im Januar mit einem Brief an den neuen Stapi gerichtet, in welchem sie bezahlbaren Wohnraum für ihren Traum einer grossen Wohngemeinschaft forderten. Und nun, da sie keine Antwort bekommen hatten, schritten sie zur Tat.

Manu Bührer erzählt, sie hätten die Besetzung von Anfang an öffentlich gemacht. Auf der Gasse und im Fass hätten sie Bekannte angequatscht. Damit immer viele Leute im besetzten Haus seien, falls die Polizei komme. Die Polizei sei dann aber nicht gekommen. Obwohl sie ein Transparent rausgehängt hatten mit der Aufschrift: «Instand besetzt!» Damit der Stadtrat auf sie aufmerksam wurde, dafür hätten sie dem Stadtpräsidenten erst ein Telegramm schicken müssen: «Haben besetzt! Wollen verhandeln!»

Die Verhandlungen kamen zustande. Obwohl die Besitzerin der Liegenschaft, die Hatt-Haller AG, bei der Polizei eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs und möglicher Sachbeschädigungen deponiert hatte. Stapi Hess forderte die Stadtpolizei zur Zurückhaltung auf und liess gegenüber der Presse verlauten: «Wir gehen davon aus, dass sich alles über Gespräche lösen lassen sollte». Das Pech der «Instandbesetzer», wie sie fortan genannt werden sollten: Der Stadtrat wollte aus dem Haus eine Asylunterkunft machen. Ihr Glück: Unter der Bedingung der Räumung bot ihnen der Stadtrat – für die feste Dauer von einem Jahr und für pauschal 800 Franken pro Monat – ein Haus an der Emmersbergstrasse 79 an.

Die «Instandbesetzer» lehnten ab. In einem Communiqué schrieben sie: «Die drei Dreizimmerwohnungen sind für Kleinfamilien konzipiert und dafür auch durchaus geeignet. Sie entsprechen aber nicht unseren Anforderungen, weil darin kein gemeinschaftliches Wohnen möglich ist.» Sie besetzten stattdessen ein anderes Haus an der Emmersbergstrasse 83 und forderten den Stadtrat zu neuen Verhandlungen auf.

Einst besetzt: Emmersbergstrasse 79.

Nun hagelte es erst recht Kritik. Die «Schaffhauser Nachrichten» wetterten Anfang April: «So nicht!», die Partei zur Zeitung schaltete wenig später ein Inserat mit der Überschrift: «Schmarotzer!» Und selbst die «schaffhauser az», welche den BesetzerInnen anfangs viele Sympathien entgegen gebracht hatte, berichtete nun kritischer. Das änderte sich auch nicht, als die «Instandbesetzer» den Mietvertrag für das Haus an der Emmersbergstrasse 79 schliesslich doch noch akzeptierten.

Manu Bührer erinnert sich, dass sie das kleinste Übel gewählt hätten: «Es hatte zwar fliessendes, kaltes Wasser, einen Gaskochherd und ein paar Holzöfen. Aber kein warmes Wasser, keine Heizung, nada.» Anstatt von der Polizei hinausgeknüppelt zu werden, bezogen sie ein Haus, das nicht geeignet war. Aber immerhin, sie konnten zusammen wohnen. Für über ein Jahr, bis die Klaiber AG, der das Haus gehörte, umbauen wollte. Als Alternative habe man ihnen dann ein Haus am Steinbruchgässchen angeboten, erzählt Bührer. Es sei schon damals in desolatem Zustand gewesen und hätte 500 Franken pro Zimmer gekostet. Ein Angebot, dass sie noch versuchten zu drücken, indem sie selber renoviert hätten.

Doch der Stadtrat hatte genug. Und die ehemaligen «Instandbesetzer» hatten keine Kraft mehr, eine neuerliche Besetzungswelle zu starten. Anfang Juli 1991 zogen sie aus dem E79 aus. Die einen an den Krebsbach 109, andere nach Hause oder in kleinere Wohnungen in der Stadt. Bis dahin hatten die «Instandbesetzer» dafür gesorgt, dass im Städtchen heftig gestritten wurde. Mit ihren Aktionen provozierten sie zwar eine Kakophonie von Anfeindungen, schafften es jedoch auch, dass über bezahlbaren Wohnraum wenigstens diskutiert wurde.

Bier, Cornflakes und Baywatch

Nach unserem Gespräch macht mich Manu Bührer auf eine weitere Hausbesetzung aufmerksam. Eine Besetzung, von der wohl nur die BesetzerInnen selbst gewusst haben müssen. In der Neustadt sei das gewesen, etwa zwei Jahre später. Organisiert von jüngeren Leuten, die sich schon an Konzerten und Partys im Squat und der WG auf dem Emmersberg hatten blicken lassen. Die Rede ist unter anderem von Sämi Hartmann (38).

Einst besetzt: Neustadt 9.

Wir verabreden uns im Club Cardinal, den der Ex-Hausbesetzer heute zusammen mit Salomé Jaquet bewirtet. Sämi Hartmann liefert gleich den Hauptgrund, weshalb nach der Besetzung weder Verhandlungen mit der Stadt geführt, noch eine Debatte in der Presse breitgetreten wurde: «Für die einen war das vielleicht auch eine politische Sache, aber im Grossen und Ganzen war es ein Ausprobieren von sich selber. Besetzen war in erster Linie cool.»

Drei Monate hatten sie über den Sommer 1993 ein Haus an der Neustadt 9 bewohnt. Ex-Smelly-Gambas-Shouter Andi Rämi habe im Erdgeschoss an der Neustadt 9 einen Skater-Laden geführt und gemeint, über ihm sei alles leer und er habe den Schlüssel. Hartmann: «Wir haben also den Göppel genommen und sind dorthin gekarrt, auch irgendwann in der Nacht, wahrscheinlich so um zwei. Die hintere Tür war zwar zugenagelt, aber Andi konnte von vorne rein und die Tür aufbrechen. Im Haus gab es drei Wohnungen auf vier Stöcken. Das Wasser lief, der Strom funktionierte, das Gas lief, man konnte sogar heizen. Wir sind dann alle in die grosse Stube, haben die Matratzen hingeworfen, Bier gesoffen und erst einmal gepennt.»

Das Haus habe einer Treuhandbude aus St. Gallen gehört. Sie hätten einen Brief geschickt, worauf es Verhandlungen gegeben habe. Nach einem ersten Treffen hätten sie jedoch nie mehr etwas gehört. Darauf hätten sie sich eingerichtet, die Wände bemalt, Partys gefeiert und sonst meist zusammen rumgesessen, Bier getrunken, Cornflakes gegessen und «Baywatch» geschaut. Ein Koch- und Putzturnus sei gescheitert und das Ende habe sich angekündigt, als ihnen nach etwa zwei Monaten erst das Gas und dann auch noch Wasser und Strom abgedreht worden seien.

Es habe eine letzte Party gegeben mit batteriebetriebenem Kofferradio. Am nächsten Morgen seien alle heim. Ein Nachspiel habe die Besetzung nicht gehabt, obwohl sie ein Riesenpuff hinterlassen hätten.

Ein kurzer Traum

Noch schneller zu Ende ging eine Besetzung im Juli 1998. Nana Wanner (32) über einen Traum, den vor ihnen schon viele andere hatten: «Wir waren damals ein kleiner Haufen Punkromantiker, alle knappe Achtzehn, und stellten uns einen kreativen Ort vor. Ein grosses Haus mit einer grossen WG, das man selber gestalten kann.» Das kleine Grüppchen spätgeborener Gross-WG-Romantiker wählte ein leerstehendes Haus an der Emmersbergstrasse 41.

An einem Donnerstag ins Haus einzusteigen, sei keine Sache gewesen, erzählt Wanner. Übers Wochenende habe es dann Feten gegeben – und die Ernüchterung am Montagmorgen. Es habe an der Tür geklingelt, ein Mitbesetzer habe aufgemacht und einem Haufen Polizisten in die wachen Augen geblickt. Und weil nur gerade zwei Leute im Haus gewesen seien, habe es keinen Widerstand gegeben. Sie hätten ihre Sachen gepackt und das sei es dann gewesen.

Die Nullerjahre

Die kurze Hausbesetzung an der Emmersberstrasse 41 war die letzte in Schaffhausen. Leute, die danach die Häuser besetzen wollten, zog es nach Winterthur. 2004 bis 2006 waren Schaffhauser bei der Besetzung der «Sidi» dabei. Und als auf das Gelände der ehemaligen Seidenweberei gebaut wurde, zog mindestens einer weiter in die Wagenparks und Squats in Töss.

In Schaffhausen, munkelt man, hätten Skateboarder noch vor kurzem ein Haus an der Bachstrasse besetzt, um dort Rollbrett zu fahren. Jedoch ohne es jemandem zu sagen. Aber wer weiss. Wenn die Mieten weiter steigen, gibt es irgendwann noch eine Fortsetzung der Schaffhauser Squat-History.