Punks, die sich nicht hauen

Wenn Unsinn als Musik gilt, sind garantiert Punks daran schuld.

«Alarmstufe Blau» existieren seit zwei Jahren, haben gerade mal sieben Gigs gegeben und kürzlich den ersten Tonträger «Panda-Pank & Backstagebier» rausgehauen. Die sechs Stücke auf der CD wurden allesamt im Proberaum in Uhwiesen eingespielt, den sich die fünf jungen Punks mit der Ska-Kapelle «The Slobbers» teilen.

«Unser Bassist ist ein Idiot / am liebsten schreibt er LIEDER ÜBER KOT / Die Töne aus dem Sänger seinem Mund / klingen wie ein totgefahrener Hund / Der Drummer wäre schon lange gefeuert / wären Drumcomputer nicht so überteuert»

Schlagzeuger Eggi drischt den Ufta-Ufta-Takt, Bassist Knupp malträtiert sein Instrument, Juiee und Flo lassen die Gitarren heulen, darüber skandiert Shouter Pädi einschlägige Parolen. Es gibt Refrains zum Mitgrölen, hie und da eine Tempoverschärfung und mit «Rheinpiraten» den obligaten Versuch am Off-Beat. Musikalisch machen «Alarmstufe Blau» alles richtig – und das heisst im Kontext ihres Genres: schlecht, schlechter, am schlechtesten.

Spiel mit Klischees des Genres

Wären die Texte entsprechend primitiv – gemäss der heiligen Dreifaltigkeit des Asi-Punks: Gewalt! Ficken! Alkohol! – «Alarmstufe Blau» würden auch heutzutage, da man mit bunten Haaren und schmuddeligen Lederjacken allein niemanden mehr schockt, noch als Bürgerschreck durchgehen. Doch hier dominiert die pure Niedlichkeit. Stellvertretend dafür: «Pandabär», der Hit der Band (live von pogenden Freunden in Pandabär-Kostümen gefeaturet), der sich darum dreht, dass die vom Aussterben bedrohten Tierchen mittels eines Pandapornos dazu gebracht werden sollen, sich wieder zu vermehren.

Spasstexte mit ironischen und selbstironischen Positionen – im zweiten, programmatischen Titel der CD, «Kaputt & Blöd und Backstagebier», heisst es etwa: «Unser Bassist ist ein Idiot / am liebsten schreibt er Lieder über Kot / Die Töne aus dem Sänger seinem Mund / klingen wie ein totgefahrener Hund / Der Drummer wäre schon lange gefeuert / wären Drumcomputer nicht so überteuert» – sind die Regel. Aber auch in den ernsteren Texten zu «Arsch der Nation» (Anti-Blocher), «The Time Of My Life» (Anti-Armee) und «Wir verzichten» (Anti-Konsum) dringt durch, dass man sich in dieser Anti-Haltung nicht für voll nimmt.

Es mag daher kommen, dass «Alarmstufe Blau» auf über dreissig Jahre Punkrock zurückblicken können – etwas, das Gitarrist und Texter Flo Hadorn in seiner Maturaarbeit «Die Punkbewegung in Schaffhausen» aus dem Jahr 2011 ausführlich getan hat – und also um die Klischees wissen, die nach den Experimenten der frühen Jahre im Punkrock entstanden sind.

Die Texte auf «Panda-Pank & Backstagebier» schreien nach Spass, die Mucke nach Gewalt. Der Pandabär und der Asi-Punk, die sich hier beim Pogotanz gegenseitig ignorieren, dürfen sich in Zukunft gerne etwas mehr voneinander abschauen. Oder sich wenigstens ordentlich auf die Fresse geben.