Die Schaffhauser Kantonalbank ist die einzige Bank in der Region, die über eine Staatsgarantie verfügt. Ob sie diese Garantie überhaupt braucht, ist in der Branche umstritten.
Der Kantonalbank geht es gut. Sie wies im vergangenen Jahr eine Bilanzsumme von 5882 Millionen Franken aus, das sind satte 739 Millionen Franken mehr als noch 2012. Die Bilanzsumme ist somit in einem Jahr um mehr als 14 Prozent gestiegen.
Ein Grund dafür sind die 372 Millionen Franken an neuen Kundengeldern. «Weiter wurden im Berichtsjahr Anleihen von total 350 Millionen Franken erfolgreich platziert», teilte Martin Vogel, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Kantonalbank, dem Lappi mit. Das Geld sei für den Aufbau von Liquidität (372 Mio. Fr.) und die Kreditvergabe verwendet worden.
Eine Verzerrung des Wettbewerbs?
Bei solchen Zahlen muss man davon ausgehen, dass die Bank – als einzige mit einer Staatsgarantie des Kantons – konkurrenzfähig ist. 2012 wollte Kantonsrat Christian Ritzmann (JSVP) deshalb genauer wissen, ob die Kantonalbank durch die Staatsgarantie einen Vorteil hat. Auf die Antwort der Regierung vom Juni 2013 verweist Staatsschreiber Stefan Bilger noch heute.
«Eine Wettbewerbsverzerrung kann allenfalls gegenüber den regionalen Instituten ins Feld geführt werden», hält die Regierung zwar fest, zieht dann aber den Umkehrschluss. Man müsse sich vielmehr fragen, «ob ein Wegfall der Garantie für die Schaffhauser Kantonalbank nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung im umgekehrten Sinn führen würde».
Die Regierung verweist auf den Wettbewerb mit Grossbanken. Denn wie der Fall UBS gezeigt hat, verfügen diese de facto über eine Staatsgarantie, sie sind too big to fail.
Auch die regionale Konkurrenz der Kantonalbank betrachtet die faktische Staatsgarantie für Grossbanken als das grössere Problem. Gemeint sind nicht nur die UBS und die Credit Suisse, sondern – seit sie über eine Bankbewilligung verfügt – auch die Postfinance.
Allerdings halten sich die Konkurrenten aus der Region zurück, wenn es um öffentliche Kritik geht, erst recht um Kritik an der Kantonalbank. «Grundsätzlich äussern wir uns nicht zu den internen Angelegenheiten unserer Mitbewerber», sagte Erich Würth, der Pressesprecher von Raiffeisen. Eine Antwort, die auch bei Hansjörg Diller, dem CEO der Clientis BS Bank Schaffhausen, und bei Dieter Sommer, dem Direktor der Ersparniskasse Schaffhausen, nicht viel anders ausfiel.
Einzig Würth übt ein wenig Kritik. Im heutigen Bankenumfeld seien Staatsgarantien auch für Kantonalbanken nicht mehr nötig, wobei diese im Gegensatz zur Postfinance immerhin historisch gewachsen seien, meinte er.
Dass die Bank einen Wettbewerbsvorteil durch eine Staatsgarantie nicht nötig hat, untermauert auch eine Einschätzung von Clientis-Chef Hansjörg Diller: «Die Schaffhauser Kantonalbank ist ein äusserst solides Finanzinstitut, das ohne weiteres auf die Staatsgarantie verzichten könnte.»
Marginaler Vorteil
Bei der Kantonalbank spielt man den Vorteil herunter. «Es ist ein Wettbewerbsvorteil, wir erachten ihn aber als marginal», so Martin Vogel. «Die Staatsgarantie steht nicht im Vordergrund unserer Kunden für ihr Vertrauen. Gerade das erfreuliche Wachstum auf der Kreditseite, wo die Staatsgarantie keine Rolle spielt, zeigt dies.»
Dennoch wirbt die Bank nicht unauffällig mit der staatlichen Absicherung. «Bei der Staatsgarantie der SHKB handelt es sich damit um eine umfassende Garantieleistung des Kantons», ist auf der Webseite der Bank zu lesen. «Mit der Staatsgarantie verpflichtet sich der Kanton Schaffhausen, die SHKB mit ausreichend Eigenmitteln auszustatten und allfällige ungedeckte Verluste abzudecken.» Es folgt eine Liste mit den genauen Dienstleistungen der KB, die der Kanton notfalls decken müsste.
Wenn die Diskussion auf die Frage umschwenkt, ob die Staatsgarantie abgeschafft werden könnte, erhält das Vertrauen, das eine Staatsgarantie mit sich bringt, für die Regierung und die Kantonalbank dann aber plötzlich einen ganz anderen Stellenwert. Die Regierung befürchtet, dass der Bank die Kundengelder wegfallen könnten, weil sie ohne Staatsgarantie nicht mehr als «sicher» gelten könnte.
«Für die Schaffhauser Kantonalbank selbst, aber auch für die Bevölkerung, würde ein Sicherheitsgefühl wegfallen», so die Regierung. Schliesslich besitze jeder zweite Schaffhauser Bürger ein Konto bei der Kantonalbank.
Vogel kopiert Regierung
Ein Wechsel von vielen Kunden zu sogenannt «sicheren» Banken wäre die Folge, da ist sich die Regierung sicher. Und damit auch der «Misserfolg der Bank», den der Kanton als Eigner zu tragen hätte. Auf Nachfrage bei der Kantonalbank schickte KB-Chef Martin Vogel die Aussage der Regierung gleich eins-zu-eins noch einmal zu.
An der Staatsgarantie will die Regierung deshalb festhalten. «Die wirtschaftliche Bedeutung für den Kanton Schaffhausen ist sehr hoch und das Risiko mit der verordneten Strategie gut tragbar.» Vor zwölf Jahren habe man bereits über die Aufhebung der Staatsgarantie diskutiert, sei aber zum Schluss gekommen, diese beizubehalten.
«Im jetzigen unsicheren Umfeld wäre eine Aufgabe der Staatsgarantie die falsche Lösung zum falschen Zeitpunkt», heisst es in der ein Jahr alten Stellungnahme der Regierung. «Die Aufgabe der Staatsgarantie kann in einem wirtschaftlich ruhigeren Umfeld und unter der Voraussetzung, dass auch die Nachbarkantone die Staatsgarantie für ihre Kantonalbanken aufgeben, geprüft werden.»
In Zukunft rechnet Martin Vogel nicht mehr mit einem Wachstum wie im vergangenen Jahr. «2013 war ein gutes Jahr mit vielen guten Projekten und hoher Kundennachfrage», meinte er. «Die wirtschaftlichen Aussichten lassen kaum eine Wiederholung dieses Wachstums zu.»
Wie riskant ist die Staatsgarantie?
Wie sicher ist diese Staatsgarantie eigentlich? Könnte der Kanton, der Ende 2013 mit einem Eigenkapital von 128 Millionen Franken rechnet, überhaupt helfen oder wäre er nicht auch gleich mit ruiniert?
Die Kantons-Regierung wiegelt ab. Bei drei Vierteln der Aktiven in der Bilanzsumme der Schaffhauser Kantonalbank handle es sich um «hypothekarisch gedeckte Forderungen», sprich um Immobilien. Da sei ein «Totalverlust völlig unrealistisch».
«Das Hypothekargeschäft ist eines der sichersten Geschäfte, wenn man es richtig betreibt», meinte auch Martin Vogel, Vorsitzender der KB-Geschäftsleitung. «Bei der Vergabe von Krediten sind wir auf Vorsicht ausgerichtet. Im Interesse der Kunden und des Kantons als unserem Eigentümer achten wir darauf, dass das Eigenheim auch bei einem Zinsanstieg auf 5 Prozent tragbar bleibt.»
Zudem zeige der Eigenheim-Index der Kantonalbank, dass Schaffhausen die Preisübertreibungen der Ballungszentren nicht mitgemacht habe. Selbst wenn die Nachfrage nachlassen sollte, rechnet Martin Vogel nicht damit, dass Eigenheimbesitzer ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen könnten.
Durch das Immobiliengeschäft will die KB das Risiko klein halten. «Unsere Geschäftspolitik ist auf Vorsicht ausgerichteten», so Martin Vogel. «So gehören auch risiko-reiche Sparten wie beispielsweise das Investment-Banking nicht zu unserem Geschäftsmodell. Das Risiko, dass die Garantie in Anspruch genommen werden muss, ist somit wirklich praktisch nicht existent.»