Gratis gibt’s nichts – die kapitalistische Maxime hat auch in der Schaffhauser Altstadt längst voll eingeschlagen.
Ein nahezu frühlingshafter Tag, ich bummle durch die Schaffhauser Idylle. Andere bummeln auch, vom Vordergässli zum Machart vielleicht oder vom Manora-Restaurant zurück zu ihrem Arbeitsplatz in der Kantonalbank. Für mich sind die Vektoren heute andere: Ohne Geld, dafür mit reichlich Zeit ausgestattet, lasse ich mich durch leere Gassen treiben, steuere irgendwann intuitiv die städtische Bibliothek an.
In der Agnesenschütte lässt es sich aufwärmen und verweilen, Lesematerial und Mineralwasser sind zur Genüge vorhanden. Gegen den aufkommenden Hunger hilft die geistige Nahrung jedoch nur bedingt. Ich träume von einer Portion Pommes Frites und überlege, wie eine solche ohne den Austausch entsprechender Geldmittel in meinem Besitz gelangen könnte. Diebstahl wäre mir unangenehm, doch könnte ich so unter Umständen von einer unentgeltlichen Rechtsberatung beim Kantonalen Arbeitersekretariat Gebrauch machen. Auf das vorgeschlagene Tauschgeschäft (meine Arbeitszeit gegen ihre Pommes) möchte sich keine der angefragten Verköstigungsanstalten einlassen.
Nichts Essbares
Wie weiter also? Der knurrende Magen treibt mich in einen der Grossverteiler, wo die Kundeninserate Ablenkung, vielleicht gar – essbares? – Gratisgut versprechen. Verschenkt werden ein Kindersitz, gebraucht, für alle Automodelle, muss abgeholt werden, sowie diverse Möbel aus design-technisch ungünstigen Dekaden. Nichts unmittelbar Verwertbares also.
Die muntere Geschäftigkeit um mich herum schlägt schnell aufs Gemüt. So durchquere ich die Altstadt und ziehe mich in die Ruhe des ehemaligen Klosters Allerheiligen zurück. Da ich weder am ersten Samstag das Monats noch mit kompletter Schulklasse erschienen bin, ist das Museum keine Option. Der angrenzende Kräutergarten hingegen liegt friedlich und von Ökonomisierung verschont zwischen dicken Steinmauern. Hier lege ich mich auf die kleine Grünfläche, schaue durch die Äste in den Himmel und auf den grossen Feigenbaum mit seiner geballten Symbolkraft.
Die Früchte hängen schon jetzt dicht, sie träumen von Sommer, Sonne und schwerer Süsse, sie träumen von kindlicher Freude auf den Gesichtern der unerwartet beschenkten Esser. Nun träumen wir gemeinsam, von Kultur für jedermann und -frau auf dem Herrenacker, von geteilten Gemüsegärten, gratis Stadtführungen, vom Tauschen statt Kaufen. Und als dann die Sonne hinter die Mauer sinkt, träumen wir Ast in Arm von Pommes.