Wir sind keine Helvetier

Es wird Zeit, der Geschichtsklitterung entgegenzutreten. Die Confoederatio Helvetica gab es nie und wird es nie geben.

Jeder hat es in der Schule gelernt: Wir sind HelvetierInnen, ein stolzer Keltenstamm, und unsere Vorfahren hatten vor Jahrhunderten die Schweiz besiedelt. Schon Caesar schrieb in seinem «De Bello Gallico»: «Aus diesem Grunde übertreffen auch die Helvetier die übrigen Gallier an Tapferkeit, weil sie sich in fast täglichen Kämpfen mit den Germanen messen, indem sie entweder von ihren eigenen Grenzen sie abwehren oder selbst in deren Lande Krieg führen.»

Aber: Was ist das eigentlich für ein Quatsch, den uns die Lehrer, diese Intellektuellen, seit Jahr und Tag predigen? Wir, HelvetierInnen? Das mit der Tapferkeit mag ja gut klingen, aber wer sich mit Geschichte auskennt, der weiss, dass die HelvetierInnen ideologisch keinesfalls als unsere Vorfahren gelten können. Wir Schweizer führen jedenfalls bestimmt keinen Krieg mit germanischen Peitschenknallern, wir sind neutral. Und wer in Caesars Berichten über seinen Feldzug in Gallien weiterliest, der stösst auf erschreckende andere Stellen, die der Lappi enthüllen möchte.

Helvetier waren MasseneinwandererInnen

So heisst es: «Bei den Helvetiern war bei weitem am angesehensten und reichsten Orgetorix. Dieser (…) überredete die Bürgerschaft, ihr Land mit allen Vorräten zu verlassen.» Orgetorix meinte, es sei für die Helvetier ganz leicht, «sich der Herrschaft ganz Galliens zu bemächtigen, da sie an Tapferkeit alle übertrafen». Mit 263’000 Leuten sollen die Helvetier daraufhin in Richtung Westen aufgebrochen sein, um ein Gebiet an der Atlantikküste zu besiedeln.

260’000 Einwanderer auf einmal. Das sprengt jedes Kontingent, das verträgt kein einziges Sozialsystem. Die HelvetierInnen waren ein Volk von MasseneinwandererInnen, die die Migration auch noch staatlich organisierten.

Widerstand gegen Masseneinwanderung gab es aber schon damals. Die besorgten Anrainerstämme verständigten Caesar. Die Römer schlachteten einige der Barbaren ab und setzten den Migrationswünschen der HelvetierInnen ein Ende. Die meisten HelvetierInnen haben daraufhin ihre Herkunft aufgegeben und sind in anderen Keltenstämmen untergekommen. So eine Mentalität dient bestimmt nicht als Vorbild für einen waschechten Eidgenossen.

Einige sollen sich als Teilstamm noch im Waadtland, in der Nähe von Genf, niedergelassen haben. Nicht umsonst haben wir einen Röstigraben ausgehoben, um uns von diesen rüpelhaften HelvetierInnen abzugrenzen.

Spätestens nach der Abstimmung im Februar sollte den Behörden klar sein, dass die Bezeichnung «Confoederatio Helvetica» für den Grossteil der Bevölkerung nicht mehr zumutbar ist. Es hat sie nie gegeben, die helvetische Föderation.

Es wird sich doch wohl noch ein anderer Keltenstamm in unserem Land finden, der unseren Ansprüchen an Integrität Rechnung tragen kann. Einer, der würdig ist, im Namen unseres Landes in alle Ewigkeit zu erscheinen. Zum Beispiel die Gaesaten, ein Stamm aus dem Wallis. Die führten zwar auch hin und wieder Krieg, aber wenigstens nicht für sich selbst. In Rom galt ihr Name als Synonym für Söldner. Die Rhonetalbewohner strotzten zudem gutschweizerisch vor Selbstbewusstsein und stellten sich ihren Gegnern nackt, allein mit einem Halsreif bekleidet, entgegen, in vorderster Reihe. Mustergültig.

Man müsste an dieser Stelle wohl noch anmerken, dass die Römer beim Anblick der Gaesaten zwar leicht verwirrt waren. Dies hinderte sie allerdings nicht daran, auch diesen Keltenstamm abzuschlachten.

Vielleicht aber gibt es ja irgendwo noch einen anderen Stamm, der Caesar getrotzt und die letzten 2000 Jahre überlebt hat, der seinen Idealen treu und unassimiliert geblieben ist. Wer weiss, möglicherweise gibt’s sowas in der Innerschweiz.