Und täglich lockt der Rausch

Jimmy Sauter, Basil Kraft und Thomas Leuzinger über den verpönten Rauschzustand, den doch alle suchen.

Der Mensch liebt den Rausch. Er säuft, kifft und wirft andere Drogen ein. Seit eh und je gehören Rauschgifte zur Gesellschaft; sei es, um spirituelle Erfahrungen zu machen, um Hemmungen zu überwinden, oder um den Alltag zu vergessen (siehe Zertretene Schildkröten).

Am populärsten ist der Alkohol. Er ist eine der gefährlichsten Drogen, macht extrem schnell abhängig und hat verheerende Auswirkungen auf die Gesundheit. Er hat auch den gravierendsten Einfluss auf die Gesellschaft als Ganzes. Trotzdem ist der Alkoholkonsum in vielen Ländern Bestandteil der nationalen Identität. Eine Reihe von Einrichtungen und Organisationen sollen den Menschen dabei helfen, gegen die Alkoholsucht und andere Rauschmittel anzukämpfen. So etwa der VJPS oder die «Anonymen Alkoholiker» (siehe Entzug nur für Gläubige).

Die Folgen von Drogenmissbrauch gehen die gesamte Gesellschaft und somit auch die Politik etwas an. Immer wieder wird diskutiert, wie man mit Drogen angemessen umgeht. Die einen sind für eine offene Drogenpolitik, andere sehen die Lösung in einem Verbot. Beim Alkohol wagt sich seit der Prohibition zwar niemand mehr direkt an die Forderung eines generellen Verbotes. Doch über strengere Regulierungen des Konsums wird immer wieder diskutiert.

Etwa als uns wegen des Aufkommens von Alcopops und Botellones der Niedergang der Jugend und damit der westlichen Welt prognostiziert wurden. Dass gerade die ältere Bevölkerung gerne täglich zur Flasche greift, wird hier grosszügig ignoriert (siehe KifferInnen im Höhenflug). Neuerdings wird sogar über eine Einschränkung des Verkaufs hinaus eine Regulierung des Konsums im öffentlichen Raum gefordert.

In eine umgekehrte Richtung laufen – notabene seit Jahrzehnten und ohne Fortschritte – die Diskussionen über die Legalisierung des Cannabis-Konsums. Das Betäubungsmittel erlebt gerade in den USA seine Blüte, wo Colorado zu Jahresbeginn als erster Bundesstaat Marihuana legalisiert hat. Zumindest wirtschaftlich scheint sich der Schritt gelohnt zu haben: Seit Januar hat der Finanzminister 25,3 Millionen Dollar «Kiffersteuern» abgesahnt.

Auch in der Schweiz wird derzeit wieder einmal über ein Modell zur teilweisen Legalisierung diskutiert, und zwar in Genf. Der Kanton prüft die Einführung von «Cannabis Social Clubs» – Vereine, die an ihre Mitglieder legal Gras verkaufen sollen (siehe Ran an den Joint). Die Erfolgsaussichten für dieses Projekt stehen nicht gut.

Das wird dem menschlichen Drang, Rauschmittel zu konsumieren, aber keinen Abtrieb geben (siehe «Ich bin für eine Liberalisierung»). Mit dem Wandel zu einer Gesellschaft, in der die Psyche gegenüber der Physis an Bedeutung gewinnt – was sich etwa in der Zunahme psychischer Erkrankungen manifestiert –, wird bestimmt auch die Manipulation des Geistes nicht abnehmen.

Sei es auch immer öfter nicht aus Spass, sondern um das Leben überhaupt noch bewältigen zu können. Ein Beispiel ist das Ritalin, mit dem Kinder ihren Alltag in den Griff kriegen sollen und das sich manche StudentInnen freiwillig als Aufputschmittel einwerfen, um bei den Prüfungen bessere Leistungen erbringen zu können (siehe Die Wunderpille).

Es bleibt zu hoffen, dass wir die Psyche in Zukunft nicht nur zur Optimierung unserer Leistungsfähigkeit manipulieren, sondern auch weiterhin ab und zu den Rauschzustand als solchen anstreben.