«Schaffhauser Nachrichten» nehmen die AL ins Kreuzfeuer

Thomas Leuzinger über die «SN»-Journalisten, die vor lauter Rohrkrepierern und Kreuzfeuern das Gefecht nicht mehr sehen.

Die «Schaffhauser Nachrichten» nehmen gerade die abgesägte Schrotflinte hervor, um auf die Alternative Liste und die Anliegen der AusländerInnen zu schiessen. Nachdem die Journalisten der «SN» der Kandidatur von Carlos Abad für den Stadtrat gerade mal eine Randspalte einräumten, legen sie heute mit einer Breitseite (knapp einer ganzen Seite) nach – natürlich ausschliesslich mit Kritik.

Erst bezeichneten die «SN» die Kandidatur als «Jux», dann als «Rohrkrepierer» und heute greifen sie unter dem Titel «AL gerät ins Kreuzfeuer» und «Scharfe Kritik an Wahlkampfmanöver» nochmals in die Tasten. Über das Ausländerstimmrecht und die Frage, weshalb Carlos Abad als Kandidat auftritt, verlieren die Journalisten selbstverständlich kein Wort.

Natürlich darf man die PR-Aktion schlecht finden und kritisieren. Die Berichterstattung ist aber wohl eher eine persönliche Abrechnung von «SN»-«Journalist» Robin Blanck mit der AL. Dessen Aufgabe als Mitarbeiter einer Forumszeitung wäre es eigentlich, möglichst viele Aspekte des Geschehens wiederzugeben und die Betroffenen anzuhören. Also diejenigen, die nicht zu den einflussreichen Personen in diesem Kanton gehören und ihren Anliegen selbst wenig Gehör im politischen Diskurs verschaffen können.

Das wären in diesem Fall die AusländerInnen, insbesondere Carlos Abad. In ihrem ersten Bericht nannten die «SN» den Musiker allerdings nicht einmal mit Namen, im zweiten Bericht wurde er immerhin in der Bildlegende genannt. Zu Wort kam Abad allerdings in den «SN» nie, stattdessen hagelte es von Beginn weg ausschliesslich Kritik.

Die Kandidatur sei demnach ein «Jux», also ein Akt des Übermutes, der rein durch Spass motiviert sei. Das ist nachweislich nicht so – ausser man hält den Vorschlag, AusländerInnen an der Urne mitbestimmen zu lassen, für einen schlechten Witz. Was Blanck ja machen kann, denn er hat den Schweizer Pass, wie wir in der heutigen Ausgabe des Intelligenzblattes lesen.

Und schon am Samstag wusste Blanck, dass die PR-Aktion als «Rohrkrepierer» enden würde. Wobei er – gerade als Journalist – wissen sollte, dass sich normalerweise erst im Nachhinein herausstellt, ob es sich bei einer Aktion um einen Rohrkrepierer gehandelt hat. Also frühestens dann, wenn man der Bevölkerung Zeit gegeben hat, selbst zu entscheiden, ob sie die Aktion gut oder schlecht findet. Oder hat er den Eindruck, über genug Meinungsmacht zu verfügen, um die Aktion selbst zu einem Rohrkrepierer werden lassen zu können?

Der «SN»-Journalist braucht auf jeden Fall keine Rückmeldungen. Denn was er denkt, das müssen seiner Meinung nach anscheinend auch alle anderen SchaffhauserInnen denken. Nur so lässt sich erklären, weshalb er schon vor der Publikation des ersten Artikels vom Samstag zu wissen glaubte, dass die Aktion in die Hose gehen werde.

Zynisch ist erst recht der Titel auf der Frontseite der heutigen «SN». «Die AL gerät ins Kreuzfeuer», schrieb ein Journalist der Tageszeitung, während er mit rauchendem Colt in seinem Büro sass. Man sollte als – wenigstens einigermassen – objektives Medium nicht von «gerät ins Kreuzfeuer» sprechen, wenn man selbst am Abzug sitzt. Oder soll`s auch ein bisschen GeriGate oder eher MedienGate in Schaffhausen sein?

Natürlich stehen die «SN» mit ihrer Kritik nicht alleine da und haben sich für ihre Attacke einige politische Opponenten zu Hilfe geholt. Diese müsste man aber wohl als untaugliche Politiker abstempeln, wenn sie nicht jede Gelegenheit nutzen würden, den Gegner zu kritisieren.

Hätte Robin Blanck das Telefon angerührt und zur Abwechslung mal einige Leute angerufen, bei denen er sich noch nicht im vornherein vorstellen konnte, was sie sagen würden, wäre die Umfrage anders herausgekommen. Aber es passt zum Selbstverständnis von Blanck, dass er seine eigenen Aussagen als allgemeingültig versteht. Etwa, dass die AL «aus allen politischen Lagern (…) mit Kritik eingedeckt» worden sei.

Das ist nachweislich falsch, bei den linken Parteien ist von «harscher Kritik» keine Rede. Die ÖBS, die von den «SN» nicht angefragt wurde, hat gar keine öffentliche Stellungnahme bereit. Vize-Präsident Stefan Bruderer aber meinte auf Anfrage, dass diese Aktion die AL sicher nicht diskreditiere. «Man darf einen Abstimmungskampf als Partei sicher so inszenieren», sagte er dem Lappi. «Wir selbst hätten das aber nicht so gemacht.»

Auch die Präsidentin der SP Stadt Schaffhausen, Monika Lacher, relativiert die Aussagen in den «SN». «Wir waren natürlich überrascht, als die AL einen eigenen Kandidaten präsentierte, da wir selbst mit Katrin Huber Ott für den frei werdenden Sitz im Stadtrat kandidieren», sagte sie dem Lappi. Nachdem klar gewesen sei, dass es sich um eine PR Aktion für die Demokratieinitiative handelt, habe sich die SP aber nicht verunsichern lassen, meinte Lacher. «Man kennt unsere Kandidaten und verwechselt diese nicht.»

«Wir haben uns in der Folge gefragt, ob die Bürgerinnen und Bürger die Aktion goutieren», wiederholte Lacher ihre Aussagen aus den «SN», allerdings mit einem Nachsatz: «Aber normalerweise können diese so eine Aktion gut einordnen», so die SP-Politikerin. Ihre Aussage will sie nicht als Kritik an der PR-Aktion verstanden wissen. «Ich halte es für eine kreative Aktion, und man darf durchaus auch mal kreativ sein.»

Florian Keller selbst spricht von «viel Goodwill», der der AL für die Aktion entgegen gekommen sei und Reaktionen wie «Genau so muss man es machen!». Die linke Ratsseite teilt die Kritik der «SN» folglich nicht.

Warum also hat der «SN»-Journalist ein so grosses Problem mit dem Ausländerstimmecht und der AL? Hat er sich wirklich dermassen nachhaltig geärgert, dass er am Freitag nicht so früh in den Feierabend konnte?

Hat er ob seines Ärgers ganz vergessen, dass es sich bei der PR-Aktion um Politik handelt und dass es um das Ausländerstimmrecht geht und nicht um persönliche Animositäten? Oder will er einfach nicht über das Ausländerstimmrecht schreiben und muss nun andere Aspekte hervorkramen?

Am Ende erscheint es logisch, dass angesichts seiner Selbstüberschätzung heute auch ein Artikel in der Zeitung erschienen ist, der ihn selbst zum Thema hatte. Ein Bericht über die Kommentare auf der Facebook-Seite von Florian Keller, den er immerhin nicht auch noch selbst verfasst hat.

Klar, es ist nicht nett, wenn Christian Erne fragt, ob Chefredaktor Norbert Neininger oder Robin Blanck der «erbärmlichere Brünzler» sei, und Susi Stühlinger einen – offensichtlich scherzhaften – Vergleich mit Robespierre zieht. Doch die Eitelkeit und Dünnhäutigkeit erstaunt bei einem Journalisten, der keineswegs immer die feine Klinge führt. Eine Konfrontation mit den beiden hat die «SN» übrigens gescheut.

Die Frage von Florian Keller «Wer schreibt heute den dümmlicheren Artikel in den SN? a) Norbert Neininger zu Geri Müller / b) Robin Blanck zu Carlos Abad (Achtung: ohne namentliche Nennung)» wurde in den heutigen «SN» auf jeden Fall adäquat beantwortet.