Die Halbwertszeit von 68

Die jungen Wilden haben im Schaffhausen der Siebzigerjahre vieles aufgebaut. 1978 gipfelte ihr Engagement in der Gründung der Fass-Genossenschaft, die bald zum Kulturzentrum avancierte. Von den damaligen Projekten ist wenig übrig geblieben.

Die «Aktion Rhy» hat erfolgreich gegen den Bau einer AUTOBAHN DURCH DEN SCHAAREN protestiert (hier auf dem Rhein unterhalb von Diessenhofen). Bild: © René Uhlmann

Die 68er-Generation ist als Bewegung bekannt geworden. Als ein Aufbegehren der langhaarigen RevoluzzerInnen, der kommunistischen UmstürzlerInnen und der freiheitsliebenden VordenkerInnen. Sie wollten unsere Gesellschaft verändern – und haben dies auch getan. Doch über die Jahre hat sich die Bewegung verlangsamt und ist beinahe zum Stillstand gekommen.

In Schaffhausen ist von der einst kämpferischen Bewegung, die viel Neues wagte, nicht viel übrig geblieben. Provokationen und Demonstrationen sind von den 68ern nicht mehr zu erwarten, denn sie sind älter geworden, verfügen nicht mehr über die Energie und die politische Motivation ihrer Jugendjahre. Einige Institutionen, die damals entstanden sind, gibt es aber noch heute. Und diese sind zum festen Bestandteil von Schaffhausen geworden.

Allen voran die Fass-Genossenschaft, die im Juli 1977 gegründet wurde. Für rund 185’000 Franken erwarben die GenossenschafterInnen damals die Liegenschaft «zum Eichenen Fass» und wenig später für 130’000 Franken das angrenzende «zur Unruh» an der Webergasse, in denen noch heute die Läden und die Beiz untergebracht sind.

Eine der treibenden Personen war Toni Meier, der erste Präsident der Genossenschaft. Meier arbeitete zusammen mit George Freivogel in der Buchhandlung in der Stadthausgasse gegenüber vom Eckhaus. «Wir waren der Meinung, dass man ein Kleinkulturzentrum auf die Beine stellen muss», erzählt er dem Lappi bei einem Glas Wein in der Schützenstube.

Die beiden ehemaligen Fass-Präsidenten TONI MEIER (rechts) und CHRISTOPH SCHMUTZ haben viel dazu beigetragen, dass die Genossenschaft noch existiert. Bild: lz.

Es sei gang und gäbe gewesen, am Abend noch eine Tour durch die zahlreichen Beizen an der Webergasse zu machen. «Als die Beiz zum Eichenen Fass an der Webergasse ausgeschrieben wurde, hielten wir das für eine gute Gelegenheit, die Idee umzusetzen.» Es entstand ein Gewölbekeller für Theatervorstellungen, eine Beiz als Treffpunkt, ein Buchladen, der Dritte-Welt-Laden, eine Töpferei und Wohnungen.

Die GenossenschafterInnen bauten die Liegenschaft selbst um, in Fronarbeit. Ein halbes Jahr dauerten die Vorbereitungen, doch knapp wurde es vor der Eröffnung am 16. Mai 1978 dennoch. «Vier Tage vorher mussten wir mehrere Dutzend Leute aufbieten, um die Wände rechtzeitig fertig zu streichen», erinnert sich Meier. «Die Eröffnung war dann ein voller Erfolg, man hatte kaum mehr Platz zum Stehen.»

George Freivogel und Toni Meier hatten nun mit der Fassbuchhandlung auch eine neue berufliche Bleibe erhalten. Aber nicht nur für die beiden bot das Fass eine neue Heimat. Unter dem Dach der Fass-Genossenschaft fanden zahlreiche SchaffhauserInnen Platz, um ihre Ideen umzusetzen. Die Genossenschaft an der Webergasse entwickelte sich zum kulturellen Zentrum.

Die Kantischüler legen los

Zehn Jahre vor der Fass-Eröffnung, als in Paris und in Zürich die StudentInnen rebellierten, war in Schaffhausen nicht viel los. Erst Anfang der 1970er Jahre, mit einiger Verzögerung, schwappte die Bewegung von Zürich her über den Rhein. Die ersten, die der Bewegung in Schaffhausen ein Gesicht gaben, waren die KantonsschülerInnen mit ihren Zeitungen.

Bereits 1969 gaben sie das «Gilb» heraus, später das «Contitl» (Ramsemer Dialekt für «Kein Titel»), der «Bumerang» und schliesslich ab 1974 das Monatsmagazin «Info». Zwischenzeitlich hatte auch die «Hydra», eine Vereinigung von SchülerInnen und Lehrlingen, ihre eigene Zeitschrift «Zündschnur» herausgegeben, die allerdings nach Berichten über die «Problematik um die Unterrichtsgewohnheiten» eines Lehrers vom Rektor verboten wurde.

Diese Zeitungen hielten sich meist nur wenige Jahre. Sie dienten den 68ern als Stimme und wurden durch deren Engagement am Leben erhalten. Eine finanzielle Zukunft hatten diese Zeitungsprojekte nicht, Löhne gab es keine. Einige der damaligen SchreiberInnen sind noch heute in der Schaffhauser Medienbranche zu finden. Etwa Bernhard Ott, der Verleger der «schaffhauser az», und Erwin Künzi, bis vor Kurzem Journalist bei den «Schaffhauser Nachrichten».

Andere Projekte hingegen haben die Zeit überdauert, wie das Theater «Schauwerk». Dieses war 1973 von Rolf von Burg und Hanns Aebli zusammen mit drei weiteren Mitinitianten als «Communal Theater Schaffhausen» im heutigen Musikhof an der Schwertstrasse ins Leben gerufen worden.

Aebli und von Burg hatten einige Jahre zuvor eine Galerie betrieben, ehe sie die Rekrutenschule zur Aufgabe zwang. «Wir wollten wieder etwas auf die Beine stellen – und als der Musikhof zu haben war, hat es sich ergeben», erzählt von Burg dem Lappi. Als sie aber den Gewölbekeller des Musikhofs betraten, änderten sie ihren Plan. «Wir waren uns sofort im Klaren: In diesem Keller muss Theater gespielt werden.»

Geld aus der Stadtkasse

Der Name «Communal Theater» blieb nicht lange. «Es gab Leute, die den Namen mit Kommunismus in Verbindung brachten», sagt von Burg. Der Stadtpräsident Felix Schwank, der den Theaterveranstaltern zugetan war und finanzielle Unterstützung aus der Stadtkasse in die Wege leitete, riet ihnen, den Namen zu ändern. «Wir wollten mit dem Namen nicht auf eine Partei, sondern auf die Kommune anspielen», so von Burg. Also sei man fortan als «Theater im Posthof» aufgetreten.

Aebli und von Burg nutzten ihre Kontakte zur freien Theaterszene, die in der Schweiz gerade entstand, um Stücke nach Schaffhausen zu holen, die in anderen Kleintheatern der Schweiz aufgeführt wurden. «Ausser dem Stadttheater gab es in Schaffhausen nichts», so Aebli. «Wir wollten etwas anderes bieten.»

Das Theater im Posthof gab aber nicht nur – damals unbekannten – KünstlerInnen wie Ursus und Nadeschkin, Gardi Hutter oder dem Clown Pic eine Bühne, sondern bot auch Platz für Lesungen und Konzerte. Später – in den 90er Jahren – boten sie auch regionalen Gruppen wie dem Momoll Theater und Stefan Colombo vom Theater Sgaramusch Auftrittsmöglichkeiten.

Fünf Jahre nach der Gründung des Theaters zogen sie ins neu eröffnete Kulturzentrum Fass an der Webergasse um. Das Kellergewölbe im Posthof hatte einige Nachteile, so gab es zum Beispiel keine Garderobe. Mit dem Wechsel des Aufführungsortes änderte der Name erneut. Fortan traten Aebli und von Burg als «Theater im Fass» auf.

Das Kulturzentrum «zum Eichenen Fass» bot ihnen neue Möglichkeiten. Wenn sie eine Lesung organisierten, konnte man im Buchladen die entsprechenden Bücher kaufen. In der Beiz richteten sie hin und wieder Ausstellungen ein. Und sie hatten nun mit dem Fasskeller einen etwas komfortableren Spielort, den sie auch als Kino nutzten. Sie zeigten Schweizer Filme, die sonst nur an Festivals gespielt wurden.

Auch experimentelle Performance gehörte zum Programm. «Einmal hat sich eine Frau – unter ärztlicher Beobachtung – in der Beiz vor Publikum betrunken und ist auf einer weissen Linie auf und ab gegangen», erinnert sich Aebli und erzählt von der «Reise ans Ende der Nacht», die das Publikum durch das nächtliche Gega-Schulhaus, die Schaffhauser Kanalisation und die Rhybadi führte – und am Ende mit einem Zmorge in der Fassbeiz endete. «Wir waren intensiv mit den anderen Genossenschafterinnen und Genossenschaftern vernetzt», meint von Burg.

Und wieder gründeten die 68er ihre eigene Zeitung, die «Fass-Ziitig». «Die Fass-Genossenschaft war eine Art Gesamtkunstwerk; arbeiten, leben, wohnen und lieben an einem Ort», erzählt Christoph Schmutz, der 16 Jahre lang Präsident der Fass-Genossenschaft war. «Das Fass hat viele junge Menschen ermutigt, selbst etwas zu probieren.»

Ohne Auseinandersetzungen ging das aber nicht. «Es gab auch ideologische und giftige Streitereien», sagt Schmutz. Davon weiss auch der Gründungspräsident Toni Meier zu berichten. Meier erfuhr während seiner Ferien, dass am 1. August – knapp 3 Monate nach der Eröffnung – in der Beiz die Schweizer Fahne eingeholt und eine «Hammer und Sichel»-Flagge gehisst wurde. Diese Provokation rief sogar die Polizei herbei.

Er war nicht das erste Mal in politische Streitereien verwickelt. Als Christlichsozialer wurde er von seinen Parteikollegen ausgestossen, nachdem er sich beim Fass engagiert hatte – «das ist eine Falle, hiess es, das Geld ist von Moskau».

Meier hatte genug und zog sich nach der Episode vom 1. August und weiteren Differenzen als Präsident der Genossenschaft zurück. «Ich wollte die Wogen glätten, aber es war ein bunter Haufen und ich konnte die Differenzen nicht ausgleichen», resümiert er. «Ich war kein Revoluzzer – auch kein 68er; vielmehr lag mir daran, im genossenschaftlichen Gewand unser Ziel, ein Kleinkulturzentrum, aufzubauen.» Er habe sich vor allem um die Finanzen gekümmert.

Und das tat er mit viel Erfolg. Bereits beim Start zählte die Genossenschaft 150 Mitglieder. Darunter auch die Kantonalbank und Bürgerliche, die mit den Idealen der 68er wenig am Hut hatten. «Es war ein Pionierprojekt», meint Meier. «Viele, die heute in den Schaffhauser Kulturinstitutionen etwas zu sagen haben, waren damals dabei.» Christoph Schmutz ergänzt: «Das Fass war wohl auch die Avantgarde dafür, dass in der Stadt heute eine ganz passable Kulturförderungspolitik betrieben wird.»

Widerstand gegen die Schaaren-Autobahn

Es ging den 68ern aber nicht nur um Kultur, vielmehr stand die Selbstbestimmung im Vordergrund. Als neues, grosses Thema, kam der Naturschutz hinzu. 1973 gründeten Aktivisten die «Aktion Rhy». Der Anlass dafür waren die Pläne für den Bau einer Autobahn durch den Schaaren, welchen sie verhindern wollten.

«Das grüne Bewusstsein hatte sich in dieser Zeit auch bei uns entwickelt», berichtet René Uhlmann, der dem Vorstand seit der Gründung angehört und bis heute Präsident ist. Hier ging es in erster Linie um das Sachproblem Schaarenautobahn und weniger um Politik an sich. «Die Sozialisten vom «Programm S» wollten uns instrumentalisieren und haben an unserer Demo per Megaphon ihre Parolen verbreitet», so Uhlmann. «Das hat uns gar nicht gepasst. Wir waren mehrheitlich zwar schon Linke. Abgestempelt wurden wir aber als Linksextreme.»

Sie seien dennoch unter dem Einfluss der 68er-Bewegung gestanden. «Wir waren inspiriert vom Ungehorsam gegen die Obrigkeit», sagt er. «Wir hatten ein Selbstverständnis entwickelt, dass wir nicht immer alles akzeptieren müssen.»

Am Anfang hätten sie vor allem auf Aktionen gesetzt. «In den ersten beiden Jahren habe ich bestimmt mehr für die Aktion Rhy als für mein Studium gemacht», erzählt Uhlmann. Mit Demonstrationen und Podiumsgesprächen und mit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit deutschen Naturschutzorganisationen schreckten sie die Behörden auf, die am Ende von einem Autobahnbau abliessen: «Wir können es auf unsere Fahne schreiben, dass die E70 nicht gebaut wurde.»

Ins Kreuzfeuer geriet damals der SP-Regierungsrat Ernst Neukomm. Er wurde von den Jungsozialisten scharf kritisiert, weil er sich für den Bau der E70 ausgesprochen hatte. Ãœberhaupt hatte die SP damals einige Konkurrenz von links erhalten. So etwa durch die Revolutionäre Marxistische Liga (ab 1980 Sozialistische Arbeiterpartei SAP), das sozialistische Programm S, die POCH und später durch die Grünen.

«Wir wollen aufzeigen, dass die herrschende Misere, beispielsweise Arbeitslosigkeit und Umweltzerstörung, das Verschulden des kapitalistischen Systems ist», formulierte die SAP-Kandidatin bei den Nationalratswahlen im Jahr 1983 gegenüber den «Schaffhauser Nachrichten» ihre politischen Ziele. «Deshalb fordern wir unter anderem einen nationalen Energieplan und zum Beispiel die Verstaatlichung von Hoffmann-La Roche, damit weitere Giftskandale verhindert werden können.»

Am Ende landeten aber die meisten bei den SozialdemokratInnen. Der erste Fass-Präsident Toni Meier etwa verliess die Christlichsozialen nach den Anfeindungen in Richtung SP, Bernhard Ott politisierte in der Gruppe Kommunalpolitik innerhalb der Partei und sass später wie Rolf von Burg im Grossen Stadtrat. Ebenfalls in der SP landete Werner Bächtold, der heutige Präsident der SP/Juso-Fraktion im Schaffhauser Kantonsrat.

Die Aufbruchstimmung unter den jungen Linken führte auch zu POLITISCHER KONKURRENZ ZUR SP. Köbi Hirzel kandidierte 1980 als Parteiloser für das Stadtpräsidium. Plakat-Illustration © Peter Wanner

Bächtold gehörte 1979 zum Gründungsteam der Genossenschaft «zur grünen Linde», die sich gegenüber der Fass-Genossenschaft einnistete. Zwei, die noch heute in der Genossenschaft zu Hause sind, sind Köbi Hirzel und Helen Zehnder. Hirzel kandidierte 1980 als Nachfolger von Felix Schwank sogar für das Amt des Stadtpräsidenten und das danach vier Jahre als parteiloser für die POCH im Grossstadtrat.

«Ich suchte einen Ort, an dem ich nicht rausgeworfen werden konnte», erzählt er, denn er wohnte damals noch in einem WG-Haus an der Vordergasse 40. Und Helen Zehnder ergänzt: «Wir wollten nicht besitzen, sondern mitgestalten. Wir wollten den Kollektivgedanken umsetzen.»

So steht noch heute in den Statuten, dass Entscheide nur einstimmig gefällt werden können. «Man könnte diese Regel als Stolperstein bezeichnen», so Hirzel, «aber es hat den Vorteil, dass Entscheidungen so lange beraten werden müssen, bis sie von allen Bewohnerinnen und Bewohnern mitgetragen werden».

In der Planung hatten die GenossenschafterInnen einen Gemeinschaftsraum mit gemeinsamer Küche vorgesehen, doch ganz so kollektiv wollten sie dann doch nicht wohnen. «Das Gemeinschaftsgefühl war nicht so gross, dass man die gemeinsamen Räume schliesslich umsetzen wollte», erzählt Hirzel, «zumal alle Wohnungen über eine grosse Stube verfügen, wo man sich treffen kann».

«Früher hatten wir noch eher Ramba-Zamba», sagt Zehnder. «Aber man wird älter: heute wohnen wir zurückgezogener als früher.» Der Kollektivgedanke habe auch schon zu Enttäuschungen geführt. «Wir hatten schon erwartet, dass beispielsweise mehrere Bewohnerinnen und Bewohner an Anti-AKW-Demos teilnehmen. Aber sicher gilt das auch umgekehrt, dass wir nicht alle Erwartungen der Mitbewohner mittragen.»

Ãœber die Jahre hat sich die Einstellung zur Genossenschaft geändert. «Geblieben – und das ist das Wichtigste – ist die Selbstverwaltung. Wir selbst bestimmen den Renovationsbedarf, die Mietzinsen und woher das Fremdkapital kommt.» Zudem: «Wenn eine Wohnung frei wird und sich neue Leute bewerben, müssen sie sich allen Genossenschaftsmitgliedern vorstellen.» Einziehen darf nur, wer einstimmig akzeptiert wird und selbst der Genossenschaft beitritt. Im Ãœbrigen herrschen ganz normale Mietverhältnisse.

Viele landeten bei der SP

Die Zukunft der Genossenschaft «zur grünen Linde» ist langfristig nicht gesichert. «Wir suchen nach Leuten, die Verantwortung übernehmen wollen und die Fähigkeit haben, die Genossenschaft zu verwalten und weiterzuentwickeln», so Hirzel. «Wirtschaftlich besteht keine Gefahr, aber es könnte ein Problem geben, wenn der Generationenwechsel nicht glückt und wir uns altersbedingt nicht mehr selbst verwalten können.»

Der ehemalige Fass-Präsident Christoph Schmutz sieht die Perspektiven für die Genossenschaft «zum Eichenen Fass» ähnlich wie Hirzel, der übrigens als Vorgänger von Schmutz ebenfalls beim Fass engagiert war. «Die Fass-Genossenschaft hat ihre grosse Zeit hinter sich», so Schmutz. «Heute sind wir in erster Linie eine Liegenschaftsverwaltung.» Der Zweck bestehe – wie bei der Genossenschaft gegenüber – darin, die Häuser der Spekulation zu entziehen und Wohnraum und Geschäftslokale denjenigen Betrieben zur Verfügung zu stellen, bei denen die Gewinnmaximierung nicht an oberster Stelle steht.

Und auch das Fass will einen Generationenwechsel vollziehen. «Dieser soll in den nächsten ein bis drei Jahren vorgenommen werden», sagt Schmutz. Dies betrifft nicht nur die Verwaltung der Genossenschaft, sondern auch das Bücherfass. «Mittelfristig brauchen wir einen Nachfolger für George Freivogel, der auch irgendwann in Pension gehen wird», sagt er. Stattgefunden hat dieser Wechsel vom Fassladen zum Eselfell, von dessen Team Schmutz schwärmt.

Doch das ist nicht die einzige Baustelle im Fass. «Die Beiz ist sicher das Sorgenkind», erklärt er. «Da hatten wir bis vor kurzem noch eine selbstverwaltete Genossenschaft. Ich finde es schade, dass wir als Nachfolge keine Genossenschaft finden konnten. Da die Betriebe ihre Organisationsstruktur autonom bestimmen, sind für die weitere Zukunft alle Möglichkeiten offen.»

«Die ideologische Entkrampfung, die in den letzten Jahrzehnten stattgefunden hat, ist gut», führt Schmutz aus. «Aber es ist auch etwas verloren gegangen. Die Betriebe haben heute weniger miteinander zu tun.» Zum Beispiel wünscht er sich Lesungen oder Kultur-Veranstaltungen auf der Bühne, die kulinarisch in der Fassbeiz genussvoll abgerundet werden. Das klingt nicht mehr so experimentierfreudig, wie das, was Rolf von Burg und Hanns Aebli mit dem Theater im Fass gemacht hatten.

Aber die beiden wollten nicht ewig im Fasskeller weiterexperimentieren. Sie waren bis in die 90er Jahre im Theaterbetrieb aktiv, dann schlugen sie neue Wege ein. «Ich hatte irgendwann keine Lust mehr und wollte im Winter – während der Theaterspielzeit – lieber mehr reisen», erzählt Hanns Aebli.

Unterdessen genügte auch der Fasskeller den Anforderungen der Theaterveranstalter nicht mehr und sie wichen öfter auf andere Bühnen – etwa jene in der Kammgarn – aus. Folglich wurde der Name 1997 ein weiteres Mal geändert, diesmal in «Schauwerk».

Die Nachfolgeregelung ist beim Schauwerk kein Thema. Die heutige Geschäftsführerin Katharina Furrer betreut weitere Kultur- und Theaterprojekte wie das Schaffhauser Sommertheater, das Jugendclub Momoll Theater oder die Probebühne Cardinal. Und sie erhält einen Lohn für ihre Arbeit. Von Burg und Aebli hatten das Theater im Fass noch ehrenamtlich geleitet.

«Ein Bisschen zu viel Kommerz»

Dass ihr Communal Theater so lange überlebt hat, macht Aebli und von Burg stolz. Doch es schwingt auch etwas Wehmut und Sehnsucht nach der Aufbruchstimmung der Anfangsjahre mit. «Es ist mir ein bisschen zu viel Kommerz, zu sehr ein Tribut an den Publikumsgeschmack», meint von Burg mit einem Achselzucken. Freie Theatergruppen, die weniger konventionelles Theater zeigen würden, gebe es heute aber durchaus noch.

Ein Achselzucken ist auch bei René Uhlmann zu sehen, wenn man ihn über den Zustand der Aktion Rhy befragt. «Wir sind zuletzt gegen das Wasserwirtschaftsgesetz nochmals aktiv geworden», sagt er. «In den 25 Jahren davor waren wir hingegen eigentlich inexistent. Die damaligen Aktiven sind heute alle im Pensionsalter.»

Wenn es nötig sei, könnten die Leute wieder mobilisiert werden. «Ich glaube jedoch nicht, dass dies – ausser eben beim Höherstau des Rheins – heute noch aktuell ist.» Das Ufer werde stetig renaturiert und grosse Eingriffe seien am Rhein nicht vorgesehen. «Wir haben viel erreicht.»