Thomas Leuzinger und Marlon Rusch über die 68er und ihren Rückzug aus den Institutionen.
Die 68er kennen wir zur Genüge. LSD, Blümchen und lange Haare. Alte provozieren, Kiffen und Ideen aus dem Osten gut finden. Für den Weltfrieden einstehen und eine WG gründen.
Ursprünglich wollten wir dieses Dossier schreiben, um den alten 68ern vorzuwerfen, dass sie träge geworden sind und ihre Projekte in die Vergangenheit gehören, in der Gegenwart aber nicht mehr überlebensfähig sind. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Die 68er selbst mögen sich ein Stück weit angepasst haben, doch sie sind immer noch präsent, und ihr Schaffen wirkt nach. Viele der Institutionen, die von 68ern gegründet oder übernommen wurden, prägen die Stadt bis heute. Und nicht selten sitzen die gleichen Leute noch heute in den Schaltzentralen. Etwa in der SP, der Fass-Genossenschaft, der schaffhauser az, der Grünen Linde. Beim Stöbern in alten Akten findet man zahlreiche Namen aus der Kulturszene, die noch heute bekannt sind.
Wir müssen eingestehen: In den vergangenen 40 Jahren gab es in Schaffhausen nicht ansatzweise eine Bewegung, die so flächendeckend die verknöcherten Strukturen aufgebrochen hat, wie es damals die 68er taten.
Nun, da die 68er ins Rentenalter kommen und sich zurückziehen, droht ein Vakuum. Generationenwechsel stehen nicht nur in der SP an – und nicht nur bei der SP bekundet man Schwierigkeiten damit. Nicht selten auch wegen ähnlich verknöcherten Strukturen, gegen die die 68er gekämpft haben.
Haben die 68er zu wenig für die Weiterführung ihres Generationenwerks getan? Ist es ihnen egal, was damit passiert? Sind wir zu faul und zu wenig engagiert, um zu übernehmen? Oder zu angepasst?
Die 68er haben viel bewegt, aber sie haben auch viele Institutionen besetzt gehalten. Sie haben sich für die Kulturförderung eingesetzt, aber die Gelder fliessen nun zu einem grossen Teil in diejenigen Projekte, die sie toll finden. Es hat wenig Platz neben ihnen gegeben, weil sie selbst Plätze, Häuser und vor allem Institutionen besetzt hielten.
Man darf sich heute durchaus fragen, ob die Jungen überhaupt noch ein Fass als Kulturzentrum wollen. Oder eine linke Wochenzeitung. Vielleicht wollen sie lieber eine weitere Revolution.
Wo ein Vakuum entsteht, drängt Neues nach. Wir werden sehen, wie die 68er damit umgehen werden – und ob auch sie lieber eine Revolution wollen.