Der Punk-Keller in der Altstadt macht seine Türen zu.
«This bunker/dungeon is the perfect spot for some subterranean rock n roll. It’s about as unsafe as a New Brunswick, NJ basement show. Slick stone steps take you deeper and deeper into the smokey coffin. A high, curved ceiling reflecting red lighting from the floor completes the picture.» (Night Birds Tourblog)
Es begann am 1. September 2011 mit einem kleinen Konzert der Schaffhauser Punkrock-Band Plain Zest und den Slates aus Kanada. An und für sich keine Seltenheit, dass nationale oder internationale Bands nach Schaffhausen kommen und die eine oder andere Show spielen. Doch wo sollten die VeranstalterInnen hin, wenn der Bekanntheitsgrad der Bands nicht ausreicht, um ein grosses Konzertlokal zu füllen? Man weicht aus, zum Beispiel in einen Bandraum im Keller der Altstadt.
Für die VeranstalterInnen dieses Konzertes gab es aber das eine oder andere Hindernis zu beachten. Dem umfunktionierten Bandraum fehlte ein Notausgang, er war nur über eine rutschige Steintreppe erreichbar und zum damaligen Zeitpunkt noch überhaupt nicht konzerttauglich eingerichtet. Zudem reichte der Platz weder für eine Garderobe noch für eine richtige Bar, geschweige denn für einen richtigen Merchandise-Stand für die Bands. Erschwerend kam hinzu, dass sich der Keller in einem Wohnhaus mitten in der Altstadt befand. Keine Chance also, eine Bewilligung für ein Konzert oder gar eine Ausschank-Lizenz zu erhalten.
Erste Konzerte waren noch inoffiziell
Zuerst fanden die Konzerte deshalb inoffiziell statt und waren mehr schlecht als recht besucht. Doch die positiven Reaktionen vonseiten der auftretenden Bands und des lokalen Publikums legten den Grundstein für die weiteren Konzerte, welche während der nächsten drei Jahre diesen Keller zum Beben bringen sollten.
Was dem Keller an Komfort fehlte – gekocht und gegessen wurde bei Freunden, aufs Klo gegangen im nahe gelegenen Restaurant – machte er wett durch Underground-Feeling, Konzerte auf Augenhöhe mit den Bands, mit billigem Bier und gelegentlichen Malibu-Orange-Specials.
Mit der Zeit veränderte sich auch der Raum. Ein schwarzer Vorhang verhüllte die Rückwand, bessere Beleuchtung erhellte den Keller und die Soundqualität wurde laufend verbessert. Nur die Bar blieb ein loses Konstrukt aus Holzkisten und gebrauchten Skateboards. Einerseits liess der verfügbare Platz nicht mehr zu, andererseits war die Lebensdauer der Bar durch die Konzerte und die After-Show Partys sowieso drastisch beschränkt.
Diese Veränderung im Konzertraum kam gerade zur rechten Zeit, die die Zahl der Konzerte nahm zu. Die Shows sprachen sich rum und zogen bald auch BesucherInnen aus anderen Teilen der Schweiz an. Aus anfangs fünfzehn bis zwanzig eingeweihten Freunden wurden plötzlich doppelt so viele. Bei grösseren Konzerten an Wochenenden fanden auch schon mal Besucher aus dem benachbarten Ausland und darüber hinaus ihren Weg in den mit bis zu achtzig ZuschauerInnen prall gefüllten und verrauchten Keller.
Doch nicht nur das Publikum nahm zu, auch bei den Bands sprachen sich die Konzerte rum, sodass immer bekanntere MusikerInnen von weiter weg ihren Weg in den Kleinstadt-Keller fanden. Bands wie Bad Cop/Bad Cop, Night Birds, Andrew Jackson Jihad aus den USA, Caulfield Cult aus Singapur und Demerit aus China sorgten dafür, dass in Schaffhausen keine Langeweile aufkam und sich Leute aus der halben Schweiz unter der Woche in die Nordschweiz begaben, um sich ein Konzert anzuhören. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Schaffhausen nicht gerade als Partystadt bekannt ist und nicht zu Unrecht den Übernamen «Kaffhausen» hat.Â
Es gibt kaum eine Schaffhauser Band aus dem Punkrock-Genre, die nicht in der Neustadt gespielt hat. Die Raving Mads, Cobra Death und Deadverse feierten dort sogar ihre Plattentaufen. Auf einen steigende Publikumsverkehr auf der Strasse folgten einzelne Lärmbeschwerden; diese hielten sich jedoch in Grenzen und gefährdeten den Fortbestand der Konzerte kaum.
Kritik nach Brand im Keller
Erst nach einem harmlos verlaufenen Brand im Sommer 2013, vermutlich ausgelöst durch eine von aussen in den Lüftungsschacht geworfene Zigarette, kam Kritik auf. Um die Gemüter abzukühlen wurde im Spätjahr 2013 nach einem ereignisvollen Jahr eine Konzertpause eingelegt.
Als im frühen Sommer 2014 die Konzerte wieder begannen, schien wieder alles in Ordnung zu sein. Erstmals gab es ein Klo im Treppenhaus, welches benutzt werden konnte. Der Gang über die Strasse ins nahe gelegene Restaurant blieb den BesucherInnen von nun an erspart. Auch gab es wieder häufiger Konzerte, die stets gut besucht waren – der Keller war nun mehr als nur ein Geheimtipp. Erstmals wurden Flyer und Plakate gedruckt und verteilt.
Ein jähes Ende fanden die Konzerte Mitte Oktober, als den MieterInnen und OrganisatorInnen des Kellers eine Kündigungsandrohung ins Haus flatterte. Der Vorraum des Kellers musste komplett geräumt, die Sofas entfernt werden. Musik ist heute nur noch bis 22.00 Uhr erlaubt und Konzerte sind verboten. Ein herber Schlag für die Schaffhauser Subkultur, welche sich in der letzten Zeit gerade an diesem Ort frei entfalten konnte und ihr Potenzial entdeckt hat.
Doch die Schliessung dieses Konzertlokals bedeutet keineswegs ein Ende von kleinen und unkommerziellen Konzerten in der Stadt Schaffhausen. Bars und Clubs wie das Cardinal, die Schäferei und das TapTab bieten weiterhin eine breite Palette an Konzerten und Veranstaltungen, welche für wenig Geld besucht werden können. Und falls das nicht reicht: kleine Privatkonzerte im eigenen Raum zu organisieren ist keine grosse Arbeit, macht Spass und bietet die Gelegenheit, haufenweise interessante Personen aus aller Welt kennenzulernen. Ihr wisst ja nun, wie das geht.
«I hang in the back when Night Birds hit it. Instantly moshers begin running back and forth and catapulting onto one another. I see Brian ready to kill the guy who threw beer in his face. As wild kids stumble forward, he pushes back like King Hippo ala Mike Tyson’s Punch-out, protecting himself and the two with their hands on the fret boards.I see my roadie-tour-guy job description is about to expand.I move forward and crouch down in front of the band, banging my head and screaming the words, but catching errant moshers and crowd-surfers as they pitch forward in this concrete fire hazard.» (Night Birds Tourblog)