«Tonträger-Finanzierung ist nur eine Schiene»

Die Kulturförderstellen von Stadt und Kanton Schaffhausen verteilen lieber kleinere Beiträge an eine grössere Anzahl Bands als umgekehrt. Das kommt in der Musikszene gut an.

Ein NEUES ONLINE-PORTAL FÜR DIE MUSIKSCHAFFENDEN soll über die Fördermöglichkeiten informieren. Die Bands sollen sich auf der Webseite auch selbst präsentieren können. Bild: lz.

Stadt und Kanton unterstützen jedes Jahr zahlreiche Schaffhauser Musikschaffende mit finanziellen Beiträgen. Kritik an der Kulturförderung sucht man in der Musikszene vergeblich, doch die Kulturförderer sind selbstkritisch und wollen ihr Angebot weiter verbessern. Sie hoffen auch darauf, dass die Bandunion in Sachen Musikförderung für neue Projekte und Angebote sorgen wird.

Denn für sie sei es nicht einfach, den Überblick über die Musikszene in Schaffhausen zu behalten, erzählen Jens Lampater, Leiter der städtischen Kulturförderung, und Roland E. Hofer, Leiter der kantonalen Kulturförderung, im Gespräch mit dem Lappi.

«Die Szene ist schnelllebig und dadurch natürlich schwer durchschaubar, wenn man nicht selbst aktiv involviert ist», sagt Lampater. Hofer ist derselben Meinung: «Es ist eine hochgradig flexible Szene, die sich immer wieder neu konstituiert. Viele Aktivitäten sind vom Engagement einzelner Personen abhängig.»

Meist bis 2000 Franken

Für Schaffhauser MusikerInnen gibt es zwei Möglichkeiten, an Fördergelder zu gelangen. Zum einen gibt es Projektbeiträge bis 5000 Franken, zum anderen Förderbeiträge ab 15’000 Franken, die allerdings etwas schwieriger zu erhalten sind und von einem Kuratorium vergeben werden. «Die Förderbeiträge richten sich an einzelne Künstler und nicht an Bands, da sich Musikgruppen personell schnell verändern oder auch auflösen können», erklärt Jens Lampater. Bewerben könnten sich deshalb nur «professionelle Kulturschaffende».

Die höheren Förderbeiträge gibt es ausserdem nur für Projekte, die auch ein entsprechend grösseres Budget benötigen. «Es geht darum, das Defizit zu decken», sagt Lampater. «Unser Betrag richtet sich nach dem Gesamtbudget.» Oliver Maurmann alias Guz erhielt so vor drei Jahren einen Förderbeitrag von 20’000 Franken, mit denen er ein Doppelalbum und einen filmischen Rückblick zum 20-Jahre-Jubiläum seiner Band «Die Aeronauten» finanzieren konnte.

Die kleineren Projektbeiträge gibt es hingegen nicht nur für professionelle Kulturschaffende, sondern auch für Laien. Und die Bewerbungen dafür müssen nicht unbedingt zu Beginn des Jahres eingereicht werden, sondern können auch später nachgereicht werden. Die Projektbeiträge für Schaffhauser Bands erreichen selten das Maximum, meist belaufen sie sich auf 1000 bis 2000 Franken.

«Es bringt nicht viel, wenn viele Newcomerbands etwas machen wollen, die Mittel aber schon für wenige Projekte gebunden sind», erklärt Roland E. Hofer die Strategie der Kulturförderung. «Wir brauchen ein Instrument, mit dem wir flexibel reagieren können und wollen die Eintrittsschwelle möglichst tief halten. Bei Newcomerbands kann ein finanzieller Beitrag tendenziell eine grössere Hebelwirkung haben.»

«Im Prinzip stellen wir einen gewissen ‹Humus› bereit, der jungen, auch unbekannten Bands die Chance gibt, etwas herauszubringen», sagt Lampater.

Wenn man die Liste der Bands anschaut, die 2013 gefördert wurden, sind allerdings wenige Newcomer zu finden. Finanziert wurden im Jahr 2013 die Produktionen von Tom Krailing und Gianni Palumbo, Cobra Death, Ducadu, Cox Orange, Deadverse, Ghost Town Trio, Ouijaboard Club, Papst&Abstinenzler, Lo Fat Orchestra, Guz, Gabriel Vetter und Yvonne Moore. Dafür gaben Stadt und Kanton zusammen 26’800 Franken aus. Für das Jahr 2014 liegen noch keine abschliessenden Zahlen vor.

«Ich richte mich nach formalen Kriterien»

«Ganz persönlich fällt es mir schwer, inhaltliche Qualitätskriterien aufzustellen, ohne geschmäcklerisch zu werden», sagt Lampater. «Daher richte ich mich in der Beurteilung der Projektgesuche nach formalen Kriterien. Dazu gehören etwa, wie viele Konzerte eine Band schon gespielt hat, wer mitwirkt und welchen Hintergrund die Musiker in anderen Bands haben.» Wenn er eine Band noch gar nicht kenne, dann müsse er mindestens eine Hörprobe haben, um über eine Bewerbung entscheiden zu können. «Wer geschickt ist, schickt sein Gesuch an beide Förderstellen, von Kanton und Stadt», meint Roland E. Hofer. «Man kann die Gesuche online einreichen, das heisst, man müsste dazu der E-Mail nur noch einen zweiten Empfänger hinzufügen.»

«Die Mitfinanzierung von Tonträgern ist aber nur eine Schiene, die wir fahren», so Hofer. Der Kanton habe sich auch an der Crowdfunding-Plattform wemakeit.ch beteiligt, über welche Bands selbst Geld für die Finanzierung einer CD, LP oder EP auftreiben können.

Um den Bands Auftrittsmöglichkeiten zu verschaffen, würden sie zudem die regionalen KonzertveranstalterInnen unterstützen. Geld erhalten etwa der Verein BandXost für den Ostschweizer Nachwuchsbandcontest, die Openairs Rock am Randen, GrüschFang, Klingenopenair und RaSAfari, an welchen viele regionale Bands auftreten. Insgesamt 15’500 Franken erhalten diese Musikveranstalter von der Kulturförderung.

Auch Konzertveranstalter wie die Kammgarn (150’000 Franken), das Taptab (25’000 Franken) und der Chäller (10’000 Franken) werden von Kanton und Stadt unterstützt.

Die Kulturförderung hätte bei den Tonträgerproduktionen durchaus mehr Geld ausgeben können, wenn die entsprechenden Gesuche eingegangen wären. Der Kanton, der ein eigenes Konto für die Tonträgerproduktionen führt, hätte laut dem Budget noch knapp 10’000 Franken mehr ausgeben können. Roland E. Hofer hält fest, dass die Zahl der Gesuche steige und die Beiträge tendenziell höher ausfallen würden.

Handlungsbedarf bei Informationen

«Künstler wie Guz wissen, wie man ein Projekt finanzieren kann und kennen auch die Anlaufstellen», sagt Jens Lampater. «Das ist aber bei Newcomern nicht immer der Fall.» Diesbezüglich sieht der Kulturförderer der Stadt Schaffhausen noch Handlungsbedarf.

Und er hat auch schon einen Plan: «Wir wollen nächsten Sommer ein Online-Portal aufschalten, mit dem wir die Kulturschaffenden erreichen möchten», sagt er. «Es wird ihnen dort möglich sein, ein eigenes Profil zu erstellen und sich zu präsentieren.» Daneben sollen auf dem Portal auch Informationen zur Kulturförderung aufgeschaltet werden. «Man findet diese zwar schon jetzt, muss aber zugegebenermassen etwas von der Behördenlogik verstehen, um das zu durchschauen.» Auch Informationen zur Suisa und zu Stiftungen will Lampater auf dem Portal bereitstellen.

Noch nicht klar ist, was mit der knappen halben Million Franken (Kanton: 400’000 Franken, Stadt: 60’000 Franken) passieren soll, die BISHER IN DIE HALLEN FÜR NEUE KUNST flossen. «Wir warten ab, was nun mit dem Westflügel der Kammgarn geschehen soll», sagt Lampater.

Einen weiteren Beitrag könnte seiner Meinung nach auch die Bandunion leisten. «Die Szene ist lebendiger als noch vor zwei Jahren», sagt er. «Es könnte eine Aufgabe der Bandunion sein, die Bands auf die Fördermöglichkeiten aufmerksam zu machen.»

In der Musikszene gibt es einige Stimmen, die das Vorpreschen der Kulturförderstellen im Online-Bereich kritisch sehen. Sie sind der Ansicht, dass die Informationen zu Fördermöglichkeiten, Stiftungen und Verwertungsgesellschaften wie der Suisa auch von der Bandunion oder anderen Organsationen übernommen werden könnten. Und sie befürchten, dass ein Online-Projekt viel Geld verschlingt, das besser direkt für die Förderung eingesetzt werden sollte.

Mit der zentralen Anlaufstelle im Internet rücken die städtische und die kantonale Kulturförderstelle zwar näher zusammen, sie sollen allerdings auch in Zukunft getrennt arbeiten. «Eine Stadt wie Schaffhausen muss den Anspruch haben, eine eigene Kulturförderung zu betreiben», so Lampater. «Wenn man kulturell ernst genommen werden will, gehört dies zum Selbstverständnis.» Einen anderen Grund, der gegen eine gemeinsame Anlaufstelle spricht, nennt Roland E. Hofer. «Wenn ein Gesuch abgelehnt würde, gäbe es für den Betroffenen keine Möglichkeit, bei der anderen Stelle Fördergelder zu erhalten.» Dass die Förderstellen getrennt sind, kommt bei den KünstlerInnen gut an. Genauso wie das «Giesskannenprinzip» bei der Vergabe der Gelder, das eine breitere Förderung als in anderen Kantonen und Städten erlaubt.