«Es brauchte einen Knall»

Der FC Schaffhausen drohte nach dem Eklat beim letzten Spiel vor Neujahr seinen Fans mit Stadionverbot und Strafanzeigen. Nun haben sich die FCS-Verantwortlichen nach dieser Überreaktion bei den Fans entschuldigt.

Die Stimmung zwischen den Verantwortlichen und den Fans des FC Schaffhausen lag schon seit geraumer Zeit im Keller. Beim letzten Spiel vor der Winterpause kam es dann zum Eklat: Einige Fans machten ihren Ärger über die FCS-Verantwortlichen hör- und sichtbar, sowohl während als auch nach dem Spiel.

Geschäftsführer Yannick Amhof und Verwaltungsratspräsident Aniello Fontana sahen keinen Grund, für eine Deeskalation zu sorgen – im Gegenteil. Sie gossen einen Tag nach dem Spiel mit einer wenig differenzierten Stellungnahme weiter Öl ins Feuer. Der schwelende Konflikt zwischen Fans und FCS-Verantwortlichen hatte damit im Dezember den Höhepunkt erreicht.

In der Zwischenzeit haben sich die Wogen nun geglättet. Dies auch, weil die FCS-Verantwortlichen bereit für ein Gespräch mit den Fans waren. Statt Stadionverbote und Strafanzeigen gabs eine Entschuldigung des FCS, aber auch der Fans.

«Das, was nach dem letzten Saisonspiel abgelaufen ist, seitens der Fans aber auch seitens der Vereinsführung um Präsident Fontana, hat schon einen ziemlich faden Nachgeschmack hinterlassen», so der stellvertretende Fanbeauftragte Christian Loosli gegenüber dem Lappi. «Ich denke, die Fans, welche seit dem Abstieg in die 1. Liga an praktisch jedem Spiel dabei waren, fühlten sich irgendwann schikaniert, da ständig Repression betrieben wurde und nie ein Dialog stattfand.»

Die FCS Verantwortlichen fänden es zwar jeweils ungemein schön, dass seit Jahren an praktisch jedes Auswärtsspiel Fans mitgereist seien. «Brennt aber irgendwo mal wieder eine Pyro oder kommt es zu kleinen ‹Scharmützeln›, was in der letzten Zeit so gut wie nie der Fall war, dann werden dieselben Fans, welche vorhin noch hoch gelobt wurden, auf einmal als Abschaum und Taugenichtse bezeichnet, statt dass sich der Verein mal hinter seine Fans stellt.»

Zusätzlich enttäuscht wurden die Fans, weil ihnen ein Fan-Event mit einem Plauschturnier und anschliessendem Grill- und Bierplausch versprochen worden sei, aber kurzfristig einem Testspiel weichen musste. «Alle Parteien fanden, wir müssen nun endlich an einen Tisch sitzen, die Differenzen klären und alle wieder an einem Strick ziehen, für den FCS und die Mannschaft.»

Keine besonnene Reaktion des FCS

Ans Tageslicht kamen die Spannungen beim letzten Spiel im vergangenen Jahr gegen den FC Wil, der nicht nur für die Fans wenig Anlass zum Feiern gab, sondern auch für die Führungsriege des FC Schaffhausen auf den VIP-Plätzen wohl (zu) schwer verdaulich war: Die Munotstädter brachten in der Partie gegen Wil wenig zustande, waren am Ende chancenlos und verloren 0:3.

Auch neben dem Platz gabs für die FCS-Clubführung vor allem Ärger: Die Fans, die üblicherweise mit Choreografien und Fangesängen Stimmung für den Club machen, beleidigten den Geschäftsführer Amhof auf einem Transparent als «Hurensohn». Die Beleidigung wurde zu allem Überfluss für die FCS-Verantwortlichen auch noch minutenlang live über Teleclub verbreitet.

Nach dem Spiel mussten sich Amhof und Fontana weitere Gehässigkeiten gefallen lassen: Neben unschönen Bemerkungen liess ein Fan seinen Ärger an einem Zaun aus, der zwischen ihm und den beiden FCS-Verantwortlichen aufgebaut war.

Doch statt einer besonnen Reaktion, gingen die Emotionen auch bei Fontana und Amhof hoch und sie drehten mit ihren öffentlichen Aussagen munter weiter an der Eskalationsspirale. Sie stellten ihre eigenen Fans in den Medien als gewalttätig und argumentationslos dar und drohten mit strafrechtliche Folgen.

Dass sie gerade mit der Androhung von Stadionverboten und Strafanzeigen Öl ins Feuer gossen, war ihnen wohl bewusst. Immerhin vermuteten sie in der Stellungnahme, dass das Transparent gezeigt wurde, weil sich die FC Schaffhausen AG für die Annahme des verschärften Hooligan-Konkordates ausgesprochen hatte. Genau jenes Konkordat, mit dem ein Stadionverbot eines privaten Sportvereins als Nachweis für ein gewalttätiges Verhalten gilt, das wiederum mit einem polizeilichen Rayonverbot geahndet werden kann.

«Das gesammelte Video- und Fotomaterial wird nun ausgewertet und zusammen mit der Schaffhauser Polizei werden die Personen identifiziert», hiess es in der Mitteilung. «Wir werden alles uns mögliche unternehmen, dass die fehlbaren Personen zur Rechenschaft gezogen werden. Demnach wird gegen diese Personen ein Stadionverbot verhängt und je nach Tat auch eine Strafanzeige eingereicht.»

Die «Schaffhauser Nachrichten» und «Blick.ch» sprangen dankbar auf die FCS-Mitteilung an und titelten «Der letzte Auftritt 2014 wird ein Nachspiel haben» und «Eklat in Schaffhausen: Fan will Präsi verprügeln». Das Boulevardblatt berichtete von «Racheaktionen», «Transparent-Chaoten» und einem «Irren», die lokale Tageszeitung nannte die Fans wenig schmeichelhaft «solche Typen», stilisierte das Ereignis zum «Beleidigungsskandal» hoch und kolportierte Gerüchte, wonach Fans am Abend «mit Steinen bewaffnet» auf dem Stadiongelände gesehen worden seien.

In der öffentlichen Debatte hatten die FCS-Verantwortlichen die Fans nun am Pranger. Im Nachhinein wurde ihnen aber wohl bewusst, dass sie die Fans nicht nur am Pranger, sondern weiterhin am Spielfeldrand haben wollten. Der FCS krebste zurück und nahm Abstand von den angedrohten Sanktionen.

Fans nur halbwegs glücklich über Transparent-Aktion

Sowohl Yannick Amhof als auch der stellvertretende Fanbeauftragte Christian Loosli bestätigten dem Lappi, dass es zwischenzeitlich zu Gesprächen gekommen ist. «Der FCS hat aus meiner Sicht bestimmt ein bisschen zu schnell reagiert», so Loosli.

Glücklich über die Transparent-Aktion ist Loosli nicht. «Auch viele aus meiner Gruppierung, waren mit der ganzen Fan-Aktion nicht einverstanden, da sie uns doch zu wenig Charakter hatte und von vielen Matchbesuchern sicher nicht verstanden wurde», meint er.

Doch der stellvertretende Fanbeauftragte sieht die Aktion nicht durchwegs negativ. «Womit wir aber sicher einverstanden waren, war, dass es endlich mal einen Knall brauchte, um die Verantwortlichen des FCS wachzurütteln», erzählt er. «Es kann nicht sein, dass wir überall hinreisen, Choreographien basteln, für Stimmung sorgen und seitens FCS immer kritisiert werden, wenn zweimal pro Saison Pyrotechnik gezündet wird.»

Zugeknöpft gab sich dagegen Amhof, der zwar bereits Mitte Dezember versprach, in einer offiziellen Mitteilung über die Gespräche mit den Fans zu informieren, aber bis heute nicht zum gegenseitigen Austausch und den Vorwürfen der Fans Stellung nehmen wollte. «Über das Geschehene möchte ich mich nicht mehr äussern, denn es wurde genug darüber geredet und geschrieben», meinte er nur. «Ich kann nur bestätigen, dass wir Gespräche mit den Fans geführt haben.»

Mehr Informationen gibt es von Loosli, der nicht der Meinung ist, dass schon alles ausgesprochen wurde. Am Treffen sei über eine Lockerung der Eingangskontrollen und die Bussen vom letzten Jahr gesprochen worden, die wegen Pyros und «A.C.A.B.»-Bannern von Schweizerischen Fussballverband (SFV) gegen den FCS verhängt worden seien, erzählt er.

Auch habe sich der FCS bereit erklärt, einen Anteil an Carfahrten für Auswärtsspiele oder an Choreografien, beizusteuern. «Dies wurde jedoch von den meisten kategorisch abgelehnt, mit der Bitte, das Geld solle anderwärtig verwendet werden«, sagte er. « Lieber solle der FCS jetzt eine gute Rückrunde spielen, das wünscht sich jeder Fan.»

Und natürlich war auch das Transparent und die FCS-Stellungnahme ein Thema beim Gespräch von FCS-Verantwortlichen und Fans. «Der FCS hat sich bei den Fans entschuldigt. Ebenfalls haben sich die Fans, welche das Transparent aufgehängt hatten, und jener Fan, der gegen die Absperrung getreten hat, beim FCS entschuldigt», so Loosli. «Mit der gegenseitigen Entschuldigung dürfte dies auch vom Tisch sein.» Stadionverbote oder Strafanzeigen habe es keine gegeben.