Bunt, vielfältig und multikulturell war sie, die erste Neustadt-Gassete am 5. September, und für jeden was dabei. Abseits dieser Klischees, war sie vor allem eine richtig gute Party.
Wer am 5. September in der Neustadt war und versucht hat, sich mit einem Rundgang einen Überblick zu verschaffen, musste scheitern. Zu gross war die Bandbreite von Locations, Konzerten und allerlei Trouvaillen, auch der Übersichtsplan am Info-Point war lediglich eine kleine Hilfe – und das ist ein Kompliment.
Der Overload an Angeboten ist den zahlreichen NeustädterInnen geschuldet, die ihre Häuser, Geschäftslokale, Ateliers und – besonders wertvoll – Hinterhöfe öffneten und bespielten. Ein Glas Wein zu geruhsamer Kunstbetrachtung? Check.
Büchsenwerfen bei Flüssigeisnebel? Bam. Kaffee und Glace in einem Innenhof, der eigentlich immer eine Beiz sein sollte, während jemand auf kurligen, selbstgebauten Saiteninstrumenten klimpert? Mais oui. Zwischendurch via Beamer Mario-Kart oder Call of Duty daddeln? F-Yeah. Punk am heiterhellen Nachmittag (ja, das geht) mit Gurr haben wir nun auch erlebt, langt’s noch an den Gig von Casiofieber? Verpasst?
Egal, bald spielen ja noch die Hendersens, und dann feiern wir in die Nacht hinein. Oder wir versuchen’s in der Beckenburg, die sich derart überzeugend in einen Club verwandelt hat, dass uns ein Türsteher mit Anzug und Krawatte nicht reinlassen will.
Überschlagsmässig 20 Konzerte und eine ganze Hampfle Partylocations haben das durchschnittliche Schaffhauser Wochenendprogramm ungefähr vervierfacht. Gegessen haben wir Risotto am Strassenrand und afrikanische Grillspezialitäten und die gute alte Bratwurst, die an keinem Fest fehlen darf und es doch nicht schaffte, der Neustadt-Gassete auch nur einen Hauch von Büenzlitum zu verpassen.
Bereits hört man ermutigende Signale aus dem Organisatorenteam, dass die Gassete wiederholt werden könnte. Sie muss, sie soll zu einer Institiution werden – wobei dies vielleicht der falsche Ausdruck ist. Wer in den letzten Jahren ein Unterstadtfest erlebt hat, weiss: Ein Fest, das sich in einem bestimmten Rhythmus wiederholt und zu stark zu einer «Institution» wird, verliert jeden Charme und entwickelt sich zuverlässig in Richtung Martinimarkt. Die Neustadt-Gassete muss demnach ein semi-regelmässiger Fixpunkt werden, der gleichzeitig nicht vor lauter Institutionalisierung öde wird – geht das überhaupt?