Die Sleaford Mods, zwei mittelalte uncoole Slackertypen mit stumpfen Beats und Geschimpfe, haben Erfolg. Warum?
Erstens: Monotonie. Ihre Musik besteht (immer!) aus einer 2-taktigen Drum- und Bassfigur. Die stumpfen Basslinien und einfältigen Ratter-Rhythmen entwickeln bei 99-maliger Wiederholung ein Eigenleben mit Suchtpotential. Bei 60% der Songs taucht gegen Ende ein Keyboard auf, dessen primitive Melodie wie eine Erlösung wirkt. Gitarren kommen erfreulicherweise nicht vor.
Zweitens: Der Gesang der ständig versucht, die Musik rechts zu überholen. Die Texte sind die musikalische Umsetzung einer Schreierei im Klo eines Pubs. Man kriegt nicht mit, um was es genau geht, doch die Wörter «Shit», «Piss», «Spit» und «Fuck» sind strategisch richtig gesetzt. Man fragt sich, worüber der Mann sich aufregt, gibt sich dann aber schnell damit zufrieden, dass es wohl wichtig sein muss.
Am 23. Mai 2014 spielten die Sleaford Mods einen UNVERGESSLICHEN GIG IM TAPTAB. Wer sie 2015 sehen will, muss leider nach Düsseldorf oder Berlin fahren.
Die Sleaford Mods sind ein agressiv-knatterndes Statement gegen… gegen was eigentlich?
Live sind sie der Hohn aller Musikfreunde: Sänger Andrew wobbelt auf und ab und schlägt nach imaginären Fliegen. Er hat ein ganzes Arsenal von Tics. Man ist versucht, ihn für einen gefährlichen Irren zu halten.
Der andere Typ heisst Jason. Er stellt den Laptop mit den Tracks an, wärmt sich das Bier am Sack und wenn Andrew sich ausgeschimpft hat, stellt er die Tracks wieder ab. Er ernährt sich vom Pizzakurier und trägt Mützen mit beknackten Aufschriften sowie Simpsons-T-Shirts.
Es hat wenig Sinn, das neue Album «Key Markets» besonders hervor zu heben. Es ist etwa das siebte Album. Eins ist so gut wie das andere (wobei mir «Wank» am besten gefiel, aber das ist wahrscheinlich Zufall).
Ihr Erfolg liegt in ihrer Eindeutigkeit, ich nenne es den Ramones-Effekt. Die Sleaford Mods wollen nicht verhandeln, sondern polarisieren. Ihr Sound ist (noch) einzigartig, es werden aber andere kommen, die ihn kopieren werden.
Ich finde ziemlich viele Sachen gut und es freut mich, wenn Leute kommen, die mit einer gewissen Ersthaftigkeit alles Scheisse finden. Wichtig ist dabei die Leidenschaft, mit der sie dies tun. Die beiden Schmusekater aus Nottingham haben sie.
Ein Beitrag von Olifr M. Guz