Erde an Planet Heinz

Stimmungsvolle Instrumentals, ein Hauch alte Schule, Disco und The Sexiest Coverboy Alive – die neue Scheibe der Aeronauten.

«Heinz handelt von aufregenden Normalen und von den normalen Aufregern. Die Gegend zwischen Zürich und Bern nennt man ‹Mittelland› und die grösste Sünde ist es dort, irgendetwas zu übertreiben. Trotzdem ist dieses Mittelland bevölkert mit Heinzen, Erichs und Herr Bärs. Und damit man nicht selber verrückt wird, spielt am Samstag irgendwo Ottos kleine Hardcore Band. Am Ende ist jeder aber doch nur eine Insel. Und dann dockt Kampfstern Galactica an, Die Aeronauten steigen aus und retten die Welt. Vielleicht sogar dich. – Schaffhausen ist überall.» Die Aeronauten.

Auf die Frage, ob sie denn neuerdings barfuss auftreten, kommt lautes Gelächter. Schmunzelnd teilt die Band mit: «Ja! Und wir rasieren uns auch nicht mehr und spielen Solis auf dem Geländer. Statt einer Vorband gibt es Kicker Turniere. Alles Quatsch!», meint Olifr.

«HEINZ» erschien im Oktober als CD und auf Vinyl bei Rookie Records. Ex-Aeronauten Bassist Hipp Mathis hat aus 30 Jahren Archivmaterial und Interviews einen einstündigen Dok über die Band zusammengestellt.

Die neue Scheibe der Aeronauten kommt standesgemäss daher. Das Album sei ein Denkmal und den Stadtoriginalen gewidmet, ohne die Schaffhausen nicht die Stadt wäre, die sie ist. Jeder dieser «Freaks» hat eine eigene Zeile. Es sei falsch zu sagen, Menschen wie Erich Schlatter seien anders als wir. Denn die Grenzen zu Ihnen seien besonders schmal. Ob sich Olifr zu diesen Leuten zählt? «Ja, nächstens!», antwortet der Texter. Er zähle sich schon zu den eher Komischen.

Es gab kein Konzept

Aufgenommen wurde das Album im Star Track Studio und nicht auf der Alp im Appenzell. Da es schwierig ist, immer alle zusammen zu trommeln. In Schaffhausen aufzunehmen, sei einfacher, und es wurde absolut nichts Neues ausprobiert. Es wurde das gemacht, was jede anständige Band macht. Sobald man ein paar Lieder hat, geht man sie proben und aufnehmen. Denn rumexperimentieren tun sie sowieso. Und diverse verschiedene Instrumente spielen sie eh immer. Es gab kein Konzept, nur die Sache mit den Stadtoriginalen war sicher. Denn die Zeit der Konzept-Alben sei vorbei. «Und unter uns, wen interessiert sowas heut‘ noch?», räumt Guz ein.

Im Normalfall kommt Olifr mit der Idee eines Songs, dann wird die Musik dazu getüftelt und die Texte allenfalls angepasst. Saxophonist Roger ist der Einzige, der schweizerdeutsche Texte schreibt und zur neuen Platte den Track «Drü Tag Räge» schrieb und auch sang.

Bei den Instrumentals sind die Titel auschlaggebend. Das sei das Zweitwichtigste. Es sei ein Unterschied, ob ein Stück «1, 2, 3» heisse oder «Najajima Island Horror». Bei «Nakajima Island Horror» handelt es sich um ein Film-Drehbuch, deshalb auch der Text im Booklet. Also, falls jemand Lust hat, einen billigen japanischen Sience Fiction-Movie zu drehen, wäre das die Musik dazu.

Eine Band muss sich amüsieren

Was in den letzten Jahren auffällt: Man findet die Musik der Aeronauten in den Schaufenstern der besten Plattenläden der Schweiz. Ganz abgesehen von Ihrem Erfolg im deutschsprachigen Ausland. Guz findet es wichtig, mit Songs unterschiedliche Leute anzusprechen. Egal woher und egal wie drauf sie sind. Die Aeronauten stünden für Unterhaltung, was ein Grund sei für die über 40 Shows jährlich.

Aber das Wichtigste sei, dass sich die Band selber amüsiere. Denn wenn das klappe, gebe es mit dem Rest keine Probleme mehr. (Könnte sich die eine oder andere Band hinter die Löffel schreiben!)

Publikumsabhängig sei ein Gig dann aber schon auch. «Austausch, Geben und Nehmen», wie Marc Zimmermann, der Bassist, beschreibt. «Wir machen unseren Job. Mal besser, mal schlechter, meistens ganz gut.» – «Ja, wir wissen langsam, wie’s geht», meint Guz. «Die Jahrzehnte geben einem eine gewisse Routine!»

Einfach laufen lassen

Wenn er an früher denke, wo er wirklich noch nervös gewesen sei vor einem Konzert, habe ihn das eher behindert. Nervosität und Unsicherheit. Das führe dazu, dass die Kreativität oder der Fluss viel schwieriger in Gang komme.

Das dünke ihn heute viel einfacher. Jetzt, wo er wisse: «Was die Band und ich machen, funktioniert gut. Wir sind ja auch ’ne coole Truppe und so, dann kann man einfach laufen lassen!»

Man könne sich was ausdenken und viel auf der Bühne improvisieren. Das seien dann auch die lässigen Momente. Freiheit bestehe aus der Sicherheit. «Scheisse. Sagen wir wenigstens in der Musik», verrät mir Olifr. Doch Zuschreibungen wie «kultige Band» hören die Aeronauten gar nicht gern. Ihnen bedeuten solche Schubladen nichts, denn es werden keine Altäre für sie errichtet. Die Aeronauten haben denn auch mit Justin Bieber so viel zu tun wie mit einem Sanitärgeschäft.

Ein Gastbeitrag von Marc Hirt.