Kampf der Geheimniskrämerei

An zwei Fronten kämpft der Lappi gegen die Feinde der Transparenz. Diese legen uns möglichst grosse Steine in den Weg. Der Lappi bringt die Sache vor Gericht.

Bild: Symbolbild.

Am Anfang stand eine einfache Idee: Wir wollten wissen, wie die Revision des Spitalgesetzes, also die Vorlage über die Abgabe der Spitalliegenschaften (Abstimmung am 28. Februar, siehe auch Seite 7) zustande kam. Wir stellten also, gestützt auf das Öffentlichkeitsprinzip (Siehe Box), ein Gesuch auf Einsicht der Protokolle der Gesundheitskommission des Kantonsrats, welche das Geschäft vorbereitet hatte.

Die Kommission schob den Ball dem Ratsbüro zu, und dort schaltete und waltete bis Ende Jahr Schaffhausens grösster Freund der Geheimniskrämerei und Hinterzimmerpolitik: Peter Scheck. Der SVP-Hardliner hält von Transparenz wenig. Noch bedenklicher ist aber, dass er nicht mal die Kantonsverfassung kennt. Darin steht – bezogen auf das Öffentlichkeitsprinzip –, dass Kommissionsprotokolle von jedem/r eingesehen werden können. Besonders erzürnt war Scheck darüber, dass Patrick Strasser (SP) als Präsident der Geschäftsprüfungskommission dem Lappi bereits – und in korrekter Anwendung des Gesetzes – die Protokolle zum Budget 2015 zugestellt hatte. Dies bezeichnete er in einem internen Mail als «Lapsus, der sich nicht wiederholen darf».

Nachweislich auf dem Holzweg

Unter Schecks Führung fällte das Ratsbüro einen Grundsatzentscheid: Erstens musste es einräumen, dass die Protokolle unter das Öffentlichkeitsprinzip fallen und dem Lappi nicht vorenthalten werden können.

Zweitens erhalten GesuchstellerInnen die Protokolle nicht zugestellt, sondern müssen im Ratssekretariat vorbei gehen und die Protokolle vor Ort lesen, dürfen sie aber nicht fotografieren oder kopieren.

Drittens, und hier ist das Büro eindeutig auf dem Holzweg, werden Protokolle erst freigegeben, nachdem die allfällige Referendumsfrist abgelaufen ist oder eine Volksabstimmung stattgefunden hat. Das heisst: Vor der Abstimmung über das Spital werden wir nicht darüber berichten können, was in der Kommission besprochen wurde. Diese Auslegung ist nachweislich falsch. Zwar steht im entsprechenden Gesetz, dass «erst nach Erledigung des Geschäfts Einsicht gewährt» wird. Erledigt ist ein Geschäft allerdings bereits, wenn der Kantonsrat es behandelt hat. Das hat Staatsschreiber Stefan Bilger, Rechtsberater des Kantonsrats, dem Lappi schriftlich bestätigt.

Und sein Vorgänger Reto Dubach, heute Regierungspräsident, hielt 2004 in einem Kommentar zur Kantonsverfassung fest: «Im Übrigen wurde festgehalten, dass ein Geschäft (erst) mit Abschluss der Beratungen im Kantonsrat (damit aber gegebenenfalls noch vor der Volksabstimmung in der betreffenden Sache) erledigt ist; KR Prot. 2004, S. 212 ff.»

Fadenscheinige Argumente

Der Lappi will das Kommissionsgeheimnis nicht abschaffen oder untergraben, denn es erfüllt einen einleuchtenden Zweck: Unter Ausschluss der Öffentlichkeit können PolitikerInnen von der jeweiligen Parteiideologie abrücken und einen Kompromiss ausarbeiten. Der Kompromiss, der in den Kantonsrat getragen wird, ist aber definitiv nicht mehr in Gefahr, wenn das Geschäft vom Rat zu Ende beraten ist. Die Feinde der Transparenz führen fadenscheinig «Persönlichkeitsschutz» ins Feld und behaupten, ihre Redefreiheit in den Kommissionen sei gefährdet, wenn man später erfahren könnte, wer was gesagt hat.

Meine Herren, Freunde der Hinterzimmerpolitik: Wenn Ihr nicht wollt, dass die Bevölkerung, die Euer Sitzungsgeld bezahlt, weiss, wofür Ihr einsteht, habt Ihr in der Politik nicht das Geringste verloren. Den Fehlentscheid des Ratsbüros, insbesondere den oben geschilderten dritten Teil, wird der Lappi mit einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechten.

Das ÖFFENTLICHKEITSPRINZIP ist in der Kantonsverfassung verankert und im Gesetz über die Organisation der Regierungs- und Verwaltungstätigkeit näher ausgeführt. Laut Kantonsratsgesetz gilt es nach Erledigung des jeweiligen Geschäfts auch für Protokolle der Kommissionen.

Wir sind in diesem Kampf erfreulicherweise nicht allein, sondern arbeiten eng mit dem Transparenz- und Demokratieaktivisten Claudio Kuster (napoleonsnightmare.ch, persönlicher Mitarbeiter von Ständerat Thomas Minder) zusammen.

Ausserdem erfährt das Transparenz-Begehren von unerwarteter Seite Unterstützung: Aus der SVP, Peter Schecks eigener Partei. Grossstadtrat Walter Hotz (siehe Porträt in Lappi Nr. 19) wettert gegen die kürzlich vom Stadtrat vorgelegte Verordnung zum Öffentlichkeitsprinzip in der Stadt Schaffhausen.

Der Stadtrat will das Öffentlichkeitsprinzip nicht stärken und die Einsichtnahme bürgerfreundlicher machen, wie es Hotz mit einer vom grossen Stadtrat überwiesenen Motion fordert, sondern schränkt den Zugang zu Verwaltungsakten sogar ein. Walter Hotz hat bereits angekündigt, dass er das Referendum ergreifen will, wenn der Rat der Verordnung in dieser Form zustimmt – eine Volksabstimmung zeichnet sich ab.

Der Kampf für Transparenz kostet Zeit, Arbeit und Geld (Gerichtskosten), weil man uns Steine in den Weg legt. Doch wir haben Spass daran, während sich Peter Scheck ärgert. Er ärgert sich so stark, dass er mit einer Motion erreichen will, dass alle Kommissionsprotokolle grundsätzlich geheim sind. Wir freuen uns und sind neugierig, mit welchen Argumenten die Hinterzimmer-PolitikerInnen gegen mehr Transparenz, gegen mehr Demokratie argumentieren wollen. ¡Venceremos!