Giorgio und die einzig wahre Wirtschaftslehre

Jimmy Sauter hat da so eine Ahnung. Oder auch nicht.

«Vor drei Jahren herrschte hier noch Chaos.» Professor Behr schaut sich im hellen Raum um, sichtlich stolz auf das Erreichte. Dann nimmt er hinter dem Pult Platz. Plötzlich – ohne Vorwarnung – haut er mit der Faust darauf. «Studien beweisen, dass Leute, die Emotionen zeigen, gesünder leben», schreit er. Die StudentInnen, die ihm gegenüber sitzen, zucken kurz zusammen – und schreiben dann eifrig mit.

Es ist September 2019, erster Tag in der neuen Privat-Uni in der Kammgarn. Zum Start des Semesters lädt Professor Behr höchstpersönlich zur Auftaktveranstaltung. Titel: «The only true economic theory», basierend auf dem Leben des Schaffhauser Multimillionärs. Ja, Giorgio Behr, ehemaliger HSG-Professor, unterrichtet wieder. Er konnte es nicht lassen, denn die Hochschule war ursprünglich seine Idee, ist sein Kind, wie die Kadetten. Und als es nicht lief, im Herbst 2016, als die Hochschule zu scheitern drohte, weil die Politik nach Behrs Meinung wieder einmal unfähig war, sprang der Giorgio eben selber ein.

Wie viel er in den Abstimmungskampf investierte, erfuhr niemand. Klar zu sehen war aber: Behr kaufte sämtliche APG-Werbeflächen für drei Monate, schickte jede Woche kleine Geschenke in alle Schaffhauser Haushalte, drohte im Falle einer Ablehnung der Hochschule auszuwandern und seine Firma, die BBC Group, mitsamt den Kadetten mitzunehmen.

Ein kritischer Journalist sagte ihm während des Abstimmungskampfs: «Böse Zungen behaupten, Sie wollten sich ein Denkmal setzen.» Behr entgegnete: «Die bösen Zungen, die sagen viel. Mir geht es darum, den Standort Schaffhausen aufzuwerten.» Behr gewann. Die Schaffhauser stimmten Ja zur Uni, Ja zu Giorgio Behr. Er hatte es wieder einmal geschafft. Nach seinem Sieg sagte er lächelnd in die Kamera von Tele Top und ins Mikrofon von Radio Munot: «Ich bin ein Vollstrecker.»

Zurück ins Jahr 2019, Vorlesung in der Kammgarn. Professor Behr erklärt seine Wirtschaftstheorie und weiht die Studierenden in ein Geheimnis seines Erfolgs ein: «Der Samstag und der Sonntag sind mir heilig. Dann lese ich höchstens die Zeitungen.» Und er ergänzt: «Jedes Jahr gönne ich mir zehn Wochen Ferien.» Die StudentInnen staunen.

Kurze Zeit später lancieren mehrere StudentInnen eine neue Volksinitiative. «Zehn Wochen Ferien für alle», und fragen Behr an, ob er im Initiativkomitee mitmachen und den Abstimmungskampf finanziell unterstützen möchte. Behr verneint.

PS: Behr warb 2012 gegen die Initiative «Sechs Wochen Ferien für alle».

PPS: Sämtliche Behr-Zitate entstammen 1:1 einem Interview der «SN» mit Giorgio Behr aus dem Jahr 2004. Sie wurden lediglich aus dem Kontext gerissen.