Sitzplatzmathematik

Blutgrätsche

JÖRÔME EHRAT versteht irgendwie was von Sport.

Es geht was im Herblingertal. Wo bis im Spätsommer 2015 noch einzig eine einsame Bautafel mit der Aufschrift «FCS-Park – Fertigstellung: Herbst 2014» prangte, ragt mittlerweile eine meterhohe Beton- und Gerüstekonstruktion in den Himmel, der den tatsächlichen Bau eines Stadions schon seit längerem mehr als nur andeutet. Ein Stadion mit Mantelnutzung, notabene!

Da sich das Interesse für die Benützung dieses Mantels bisher in Grenzen hält (von insgesamt zehn verfügbaren Verkaufs- und Dienstleistungsflächen waren am 25. August 2016 gerade mal drei definitiv vermietet) und weil die öffentliche Hand eine finanzielle Beteiligung bekanntlich abgelehnt hat, wird es nun hauptsächlich in den Händen der bezahlenden Fussballfans liegen, die Investitionen in das Projekt zu amortisieren.

60 Millionen Franken kostet das Stadion, das dereinst 8000 Zuschauer (ggf. weniger) beherbergen wird. Macht also 7500 Franken pro Sitzplatz (Fr./Spz).

Im internationalen Kostenwettbewerb belegen Fontana und Co. mit diesem Wert einen wenig rühmlichen Spitzenplatz. Im Vergleich dazu kostet ein Sitz im schönsten Stadion der Welt (ist so!), dem Millenium Stadium in Cardiff (Wales) ca. 3200 Fr. Für das Estadio da Luz in Lissabon mussten die Geldgeber rund 2200 Fr./Spz berappen, ihre englischen Kollegen für dessen Namensvetter, das Stadium of Light in Sunderland gar nur 1200 Fr./Spz (Alle Angaben inkl. jeweiliger Inflationsrate).

Man könnte denken, es läge auf der Hand, dass Zuschauerplätze in grösseren Stadien automatisch günstiger zu finanzieren seien, als solche in einem Achttausender in Ostschweizer Fussballprovinz. Beispiele moderner Arenen wie dem Wembley (10’500 Fr./Spz) oder dem Emirates in London (13’800 Fr./Spz) widerlegen diese These zumindest teilweise.

Die beste Vergleichsgrundlage zum Neubau im Herblingertal bietet die 2012 fertiggestellte IGP-Arena in Wil SG. Rund 7100 Fr./Spz kostete der Bau. Scheinbar unbedeutend weniger als unser künftiges Peripherieschmuckstück. «Also doch alles sauber kalkuliert, Aniello!», mögen nun all diejenigen rufen, die noch nie in Wil ein Spiel gesehen haben und deshalb nicht darüber im Bilde sind, dass in jenem Komplex neben dem besagten Stadion auch vier weitere Fussballplätze, ein Frei- und Hallenbad mit Wellnessbereich, ein Restaurant und eine Eishalle mit ihrerseits 1400 Zuschauerplätzen untergebracht wurden.

Ich bin (das dürfte spätestens nach der Lektüre dieser Zeilen klar sein) kein Finanzexperte, aber es scheint, als dürfte Herr Fontana ob seinem Denkmal noch ins Schwitzen geraten. Ob dies ausschliesslich auf ganzjährige Mantelnutzung (über deren fragwürdigen Charakter sich nun wirklich nicht streiten lässt) zurückzuführen sein wird, wird sich zeigen.