Loco for retro

Die Popmusik löst sich vor lauter Sehnsucht nach ihrer eigenen Vergangenheit, vor lauter «Retromania» selbst auf, kritisiert der Musikjournalist Simon Reynolds, und zwar befeuert vom gewaltigen Songarchiv im Internet. Stimmt das?

Sie sassen zusammen in einem versifften Wohnwagen, irgendwo am Stadtrand von Nashville. Neben sich je eine Pulle billiger Whisky, dazu jede Menge Gras. Trotzdem war Townes Van Zandt alles andere als entspannt. Sein Kumpel Steve Earle ging ihm wieder einmal mächtig auf die Nerven, das kam ab und an vor, denn Earle quasselte ununterbrochen, Wasserfall nichts dagegen. Also zwang ihn Townes, Russisches Roulette mit ihm zu spielen, ein Revolver lag meist irgendwo rum. Dann war jeweils Ruhe im Karton, und Steve Earle fiel kreidebleich in den Stuhl zurück, so wie eben gerade.

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«Ich bin eine deskriptive Hure»

Gabriel Vetter, der «Sauschwabe» unter den NorwegerInnen, hat nichts dagegen, als Haamet-Dichter bezeichnet zu werden. Vielmehr stört er sich an der SVP, die erfolgreich Landminen und Beinprothesen verkauft.

GABRIEL VETTER lebt für zwei Jahre in Oslo. Der Slampoet und «Güsel»-Star tritt allerdings noch regelmässig in der Schweiz auf. Der weisse, heterosexuelle Mann fühlt sich aber nicht in seiner Existenz bedroht. Bild: zVg

Gabriel, wie erklärt man einem Norweger, was zum Geier Beggingen ist?

Och, wenn ich gefragt werde, woher ich komme, dann sage ich: aus der Schweiz. Obwohl es gerade hier in Oslo witzig ist, wenn ich mit meiner Freundin schwedisch spreche im Tram. Das ist genau so, wie wenn man in Zürich Hochdeutsch spricht, weil es sich mit den Schweden in Oslo gleich verhält wie mit den Deutschen in Zürich: Beide sind Niedriglohn-Fachkräfte. Und da ich mich mit meiner Freundin auf Hochdeutsch und Schwedisch unterhalte, waren wir in der Schweiz die Deutschen, und nun, in Norwegen, sind wir die Schweden, sprich die Deutschen. Verstehst du?

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Eine Grenzübertretung

Wir schlagen zurück. Und tourisieren zum Einkauf über die Grenze, denn ungestraft darf uns der Deutsche den Särbela nicht wegfressen.

Bilder: mg.

Man sagt ja immer, der Deutsche. Der Deutsche an sich ist in Ordnung, zuhause im Schwabenland. Aber der Deutsche, diese Billigfachkraft, überschwemmt unseren Arbeitsmarkt, der kambodschanische Monsun ist nichts dagegen. Der Deutsche ruiniert uns die Skipisten. Und der Sauschwabe, der frisst uns den Särbela weg.

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Sie huldigen dem Echo

Echo. Echo. Echo. Echo. Echo. Echo. Echo. Echo. Echo. Echo. Echo. Echo. Echo. Echo. Echo. Echo. Echo.

«Wir haben keine Ahnung von Musik: Wir können nicht Noten lesen und halten uns auch nicht an harmonische Tonleitern.»

Ramon, Daisies-Bassist

Es brennt den Saft aus der Zwiebel, dass du denkst: Wer braucht schon eine Saftpresse?, als The Daisies die Bühne betreten. Backofen Herrenacker gewissermassen, 50 Grad, Ober- und Unterhitze. Es ist «Stars in Town», es ist ein Panoptikum der Werbeindustrie, ein glattzüngiges Buhlen um den Pöbel, der sagt: Ich habe bezahlt, und jetzt will ich Unterhaltung.

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Bad Ass Zurzi

In Bad Zurzach herrscht abends Ausgangssperre für Jugendliche. Wir wollten wissen, warum diese Massnahme nötig wurde und ob sich die Kids in «Zurzi» daran halten.

Hölle des Mittellandes, Bad Ass Zurzi oder Zorf des Grauens: Die Spitznamen des 4’000-Seelen-Kaffs Bad Zurzach kommen nicht von ungefähr.
Jahrelang trieben dort Jugendliche ihr Unwesen, hingen am Bahnhof herum, rauchten und litterten den Perron voll. Und das völlig unbehelligt von der Justiz.

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Neben Wiesmanns Spuren

Der Schaffhauser Mundart-Troubadour Christoph Bürgin veröffentlicht sein erstes Solo-Album. Für ihn ist Dieter Wiesmann «dä Scheff».

Trotz seiner gemütlichen Zurückhaltung: Christoph Bürgin ist ein kerniger Typ, fast zu freundlich für diese Welt, aber kernig. Er mag: urchige Schaffhauser Mundart, Folkmusik, Country, eine Prise Jazz und Blues; Anekdoten, von uralt bis nur alt, und neue Geschichten. Und er liebt es, diese Stories selbst zu erzählen – in selbigem Dialekt und umrahmt von selbiger Musik.

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Standortförderer der Herzen

Die Lappi-Redaktion übt schon mal Performationskunst.

Im Herblingertal entsteht bald ein monumentaler Kulturraum mit integrierter Industriebrache. Dahinter steht ein kunstaffiner Doyen, der am Vorhaben um der hehren Sache willen festhält, obwohl das Stimmvolk seinen Pioniergeist nicht versteht und ihm die finanzielle Unterstützung verweigert. Aniello Fontana – ein wahrer  Wohltäter.

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Grandiose Höllentour

Düster, kolossal, dreckig: Das Debüt von MOSA Nature wühlt auf.

«MOSA NATURE EP» ist über ihre Facebookseite erhältlich. Unten findest Du den Track «Mind Games Forever».

Der düstere Groove der Band MOSA Nature nahm mich sofort gefangen. Damals, im Herbst 2012, in ihrem winzigen Übungskeller an der Bachstrasse. Dieser ungemein energiegeladene, manchmal gespenstische, aber immer fein orchestrierte Postrock – das hatte ich noch nie gehört. Schon gar nicht im beschaulichen Schaffhausen.

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«Wer lange Haare hat, soll ein Hascher sein»

Auch die Schaffhauser Jugend träumte 1968 von der Revolution. Eine Collage aus Erlebnissen einiger 68er ergeben ein Bild der Zeit durch die Augen von Franz, fiktiver Sohn einer Arbeiter­familie, Dylan-Fan und Schülerzeitungs-Redaktor.

Nun hatte Schaffhausen, was nach Woodstock längst Legende geworden ist: EIN EIGENES MUSIKFESTIVAL, organisiert von der Schülerorganisation der KantonsÂschule (Eintritt: sechs Franken). Rund 1500 Fans lockte die Veranstaltung am 27. Juni 1971 auf den Griesbach. Hier im Bild: die Krautrockband Guru Guru. Bild: © Benno Wermelinger / Stadtarchiv
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