Eine Polemik rund um die Ausdünnung des Express und der Schaffhauser Nachrichten.
Seit Februar 2010 werden in der populärsten Schaffhauser Wochenendbeilage diverse Gastbeiträge nicht mehr abgedruckt (die Kochkolumne «Zucchini» von Diana Zucca und die Comicstrips von Mark Paterson etwa) aber auch ganze Rubriken bleiben künftig gestrichen: «Pop-Up» für die Anpreisung von DVDs etc. und die Promi-Foto-Doku «Ein Tag im Leben von». Wen kratzt das? U.a. die, die weggespart wurden.
«Und ihr? Mich nimmt wunder, wie ihr zum Express steht», frug Ex-Kolumnistin Zucca Anfang April per Mail-Verteiler und rief zum Erhalt eines «biodiversen» Magazins auf, denn «aus einem Magazin mit vielfältigen Inhalten ist eines geworden, das fast nur noch einen Zweck verfolgt: das kulturelle Angebot der kommenden Woche vorzustellen». Das war natürlich schon immer so gedacht, nur gab’s da noch keine Krise und der Chef war in Geberlaune.
Jetzt aber das Sparprogramm: «Der Express spart sich kaputt!» schreibt der bekannteste Schaffhauser Blogger derkanzlah auf seinem Blog «schaffhausen.net». Doch wer spart da? Die Redakteure Susanne Huber und Lukas Linder? Erstere wohl kaum, schreibt sie doch selbst gerne Reportagen mit Untertiteln wie «Der Lockruf der Exotik». Letzterer vielleicht: er vermag schliesslich auch Frauen, z.B. in Sarajevo, stundenlang ins Gesicht zu schauen, ohne sich zu schämen: «Je länger man hinschaut, desto weniger kann man sagen, wie alt sie eigentlich sind.» Genau so und trotzdem: diese zwei sparen bestimmt nicht, bekämen sie das Geld gesprochen, und «Zucchini & Co.» würden weiter erscheinen.
Die Internetaktion inklusive Aufruf zum Leserbriefe schreiben ist bezeichnend: man bemerkt, dass sich etwas verändert und bemerkt man’s erst, wenn einem die Wohnungstür eingetreten wird, bemerkts aber bloss an der Oberfläche. Wie wenn es dem Mutterhaus an der Vordergasse 58 je um Vielfalt gegangen wäre. «Pop-Up»-Medien bekam man von Konzernen zur Verfügung gestellt, wie man auch die Möglichkeit, sogenannte Reportagen über Pizzaservices in der Region zu schreiben oder das Budget für die Express-Redaktion nur zur Verfügung gestellt bekommen hat und immer nur: bekommen wird – oder halt nicht, je nach Marktlage.
Bei Meier&Cie. wird auch nur dort gespart, wo’s am wenigsten weh tut. Aber weggespart werden tut eben trotzdem weh und so sperrt man sich noch in diesem Moment gegen die Einsicht, der Logik der Märkte unterworfen und austauschbar, ja gar – völlig unabhängig von der Qualität des Beitrages – gänzlich unbedeutend zu sein. Eine Einsicht zumal, für die man nicht besonders recherchieren braucht, schliesslich wird in der Chefkolumne keine Gelegenheit ausgelassen, zu betonen, wo man steht: «Titelvielfalt ist gut, Eigentümervielfalt bleibt besser» (Norbert Neininger).
Sich im Geschäft halten, gründlich vorbereitet mit einem Weltwoche-Abo, um sich dann doch eventuell Tettamanti an den Hals zu werfen: der dritte Weg, welchen kürzlich die BAZ beschritten hat. Schliesslich teilen sich doch die zwei Kolosse Tamedia AG und die NZZ-Mediengruppe die lokalen Tageszeitungen des Schweizer Nordostens untereinander Blatt für Blatt und seit kurzem auch noch einvernehmlich auf. Die entsprechenden Nebelwerfer hätte man bei den SN bereits im Haus, den Aellig Pentti u.a. mit seiner diffusen Mischung aus Islamophobie, Klimawandelleugnung und Calmy-Rey-Bashing.
Zur Zukunft der SN-Wochenendbeilage orakelt denn auch Hermann-Luc Hardmeier auf «schaffhausen.net». Nicht minder bezeichnend, ist er doch einer, der in der Vergangenheit mehrmals übergangen wurde, als es um einen Express-Redaktionsposten ging. Er weiss darum, dass er von dortiger Adresse nicht mehr viel zu erwarten hat: «Ohne die Reportage werden die Jungen das Interesse am Express verlieren. Wer braucht schon die Agenda? Die gibts ja auch Online auf www.nordagenda.ch. Weniger Leser bedeutet noch weniger Einnahmen und die nächste Sparrunde ist schon in Sicht: Der Express wird noch kleiner werden und schliesslich auf eine halbe Seite zusammengeschrumpft und auf der letzten Seite der SN landen.» Hardmeier schliesst: «Nun kümmert’s auch niemanden mehr, wenn noch der Rest verschwindet.» Kümmern tut’s dann eventuell doch jemanden, denn dass die Reportage nicht mehr erscheint, ist schlicht gelogen.
Für was will man denn kämpfen? Für den Express und dessen Vielfalt? Wohl eher für den eigenen Zugang zum Dorfplatz, den man dann nach ein bisschen Protest auch bekommt: Irgendwer muss das Ausgehmagazin ja zusammenschreiben. Dass es im Kanton andere Zeitungen und Blogs gäbe, um das, was einem am Herzen liegt, zu veröffentlichen, kommt gegenwärtig gar nicht erst in Frage: gibt’s halt kein Geld für. Und unter dem kapitalistischen Diktat kostet halt alles, und sei es nur die Zeit für eine Qualitätsreportage.