«Was mach‘ ich da überhaupt?»

Er ist ein talentierter Rapper, humorvoller Gesprächspartner und religiöser Heiler. Der 27-jährige Cyrille Huber alias «C-Real» polarisiert.

Ist man in Schaffhausens Gassen unterwegs, kann es durchaus sein, dass man von ihm angesprochen wird – vor allem, wenn man von Schmerzen geplagt wird. Er spüre oft, was einer Person fehle, sagt Cyrille Huber. Sei es ein schmerzender Arm, ein steifer Nacken oder ein Nierenleiden. Oft geht er dann auf sie zu, fragt, ob er für sie beten dürfe und gebietet dem Schmerz, zu verschwinden.

Er diskutiert viel und gerne, und das Gesprächsthema fällt bald auf Jesus. Auch heute, am Küchentisch einer Schaffhauser Altstadt-WG. Jesus ist Cyrilles Lebensinhalt.

Seine Kindheit sei nicht immer einfach gewesen, erzählt er. Er wurde als eines von acht Kindern in ein frommes Umfeld hineingeboren – das Schweizer Fernsehen strahlte vor ein paar Jahren ein Portrait über die Grossfamilie Huber aus. Als er noch klein war, zog die Familie nach Beggingen.

«Wir wurden dort nicht gerade herzlich empfangen», sagt er. «Da wir fast die einzigen Fremden im Dorf waren, hatten wir, vor allem in den ersten Jahren, mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen». Damals wurde ihm klar, dass er einen eigenen Weg einschlagen musste.

Auch in Bezug auf die Religion schaute er sich bald nach eigenen Pfaden um. Das, was ihm sein kirchliches Umfeld vorgelebt hatte, war ihm irgendwann zu wenig. Es mache für ihn keinen Sinn, am Sonntag in die Kirche zu gehen und den Rest der Woche ohne Jesus zu bestreiten. Cyrille wollte nicht nur das Pflichtprogramm absolvieren, sondern auch auf den «Fun-Teil» nicht verzichten, «auf all die schönen Momente, die man mit Gott erleben kann». Heute lebt er mit einer Handvoll Gleichgesinnten in einer «Hausgemeinde», in der Jesus im Zentrum steht.

Vor ein paar Jahren begann er sich mit dem Thema Heilung zu beschäftigen. «Ich habe die Bibel gelesen und die Heilungen haben mich fasziniert, doch auch Personen aus dem öffentlichen Leben haben mich inspiriert», sagt er. «Irgendwann nahm ich mir vor, das auch zu versuchen.» Nach mehreren gescheiterten Versuchen betete er für eine Frau mit Schmerzen im Mund, indem er die Hand auflegte und Jesus bat, ihr zu helfen: «Im Namen Jesu, Schmerz verschwinde!» Augenblicklich sei der Schmerz weggewesen, die Frau völlig verblüfft und er total überrumpelt. Seither habe er mit Gottes Kraft viele Menschen von ihren Gebrechen erlöst. Einige Heilungen hat Cyrille auf seinem Blog do-it-again.over-blog.de niedergeschrieben. «Oftmals passiert auch gar nichts. Ich hab mich schon oft blamiert, als ich Menschen heilen wollte, sich aber auch nach mehrmaligem Beten keine Besserung eingestellt hat. Selbst heilen kann ich ja nicht, das tut Jesus. Ich habe einfach einen Zugang gefunden, als Vermittler quasi.»

Cyrille verschenkt auch mal sein Auto

Aber Cyrille vermittelt nicht nur Heilung, es kann durchaus auch mal ein Auto sein, wie vor zwei Jahren auf einer Reise durch Bulgarien. «Ich habe das Auto ein paar Monate zuvor gekauft und bereits auf den ersten Metern hat es mich durchzuckt und mir war plötzlich klar, dass es nicht für mich bestimmt ist. Als ich dann gefragt wurde, ob ich das Auto vielleicht verkaufen wolle, war der Fall klar.» Er habe das Auto verschenkt und sei danach eben oft zu Fuss gegangen, das habe ja auch seine Vorteile. Eben ist er von einer Reise nach Kasachstan zurückgekommen. Er reist viel und trifft sich mit Menschen mit ählichen Ansichten in aller Welt. Er redet viel, gern und gut über Gott. Missionar sei er aber keiner, betont er.

Er habe auch kaum darunter gelitten und sein Schicksal akzeptiert, als er sich bei der Arbeit einen Teil seines Fingers mit einer Maschine abgestanzt hat. «Die Krankenschwester in der Notaufnahme hat mich gefragt, ob es mir gut gehe. Als ich das guter Laune bejaht habe, war sie perplex: ‹Sie haben gerade Ihren Finger verloren!› Doch das war für mich nicht wirklich relevant, ich hatte Frieden im Herzen».

Inzwischen sind Stunden vergangen und wir sind hungrig. Als ein Topf Pasta auf dem Tisch steht und er gleich zwei grosse Teller heruntergeschlungen hat, antwortet er auf die Frage, wann er denn zum letzten Mal etwas gegessen habe, kryptisch: «Ich weiss es gar nicht.» Man glaubt es ihm. Dann erzählt er weiter.

Seit 11 Jahren schreibt er unter dem Künstlernamen «C-Real» eigene Hip-Hop-Tracks. «Nicht zuletzt durch die Poesie der Bibel sind die Rhymes mit der Zeit immer besser geworden», sagt er. Kenner bezeichnen «C-Real» als einen der technisch versiertesten Rapper Schaffhausens. Seine Texte drehen sich fast ausschliesslich um Gott, was ihn auch in diesem Gebiet zu einem Exoten macht. Im Gegensatz zu anderen christlichen Rappern ist er aber nicht nur in Streetchurch und «Godi» aktiv, sondern produziert auch regelmässig mit anderen, geachteten Szenevertretern, die mit Gott rein gar nichts am Hut haben und bei denen eine härtere Gangart vorherrscht. «Ich bin halt schon lange dabei und die Jungs sind meine Freunde. Wenn man etwas aus voller Überzeugung macht, wie ich es tue, wird man vielleicht eher akzeptiert, unabhängig von seinen Meinungen und Ansichten.»